Bremen - Bagdad, Bremen - Kuwait

■ Von PatientInnen und WaffenhändlerInnen / Oder: Was Bremen mit dem Konflikt am Golf zu tun hat

Die große Weltpolitik, sie wird derzeit in Bagdad und Washington gemacht. Welche Hanseatin wollte das bestreiten? Dennoch weisen wir an dieser Stelle dezent daraufhin: Kreise zieht das kriegerische Ereignis vom Golf bis hinein in die Bremer Provinz.

Zum Beispiel gestern am Hollersee: Ein junges saudiarabisches Ehepaar spazierte mit seinen beiden Kindern und dem philippinischen Kindermädchen auf und ab. Der kleine Junge weinte, weil sein Ball auf den See hinaus trieb. Die Familie ist im Urlaub

von den Ereignissen überrascht worden. Urlaub wollten die vier Saudi-AraberInnen vor allem von der Wüstensonne nehmen. Was ihnen in diesem Sommer selbst in Bremen nicht ganz gelungen ist, weshalb sie sich in der letzten Woche bereits zur heimatlichen Klimaanlage zurückgewünscht haben, weshalb sie sich jedoch auch auf den für diese Woche angekündigten Regen freuen. Im Bremer Appartment liegen stapelweise englische und US-amerikanische Zeitungen. „Schrecklich“ finden die Frau und der

Mann den irakischen Angriff. Sie haben Verwandte in Kuwait. Die Bindungen über die Grenzen hinweg seien doch genauso eng wie zwischen „West-and East-Germany“.

Am Breitenweg gehen zur gleichen Zeit - ebenfalls in eleganten bodenlangen Gewändern - zwei Frauen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mit einer großen Horde Sprößlingen ihres Wegs. Sie sind für zwei Monate in Bremen, der kleine Sohn muß hier zur Chemotherapie. Der Krieg, ja, der sei eine sehr schlimme Sa

che. Durch Telefonate mit zu Hause hätten sie davon erfahren.

In fünf großen Bremer Hotels - beim „Parkhotel“ angefangen steigen die Gäste vom Golf ab. Fast alle verschlägt es nach Bremen durch die Vermittlung von Abdul Khader Ahmed, einem Bahraini, der in Bremen ein Service-Büro für BürgerInnen vom Golf unterhält. Den wenigsten geht es bei ihren Bremen -Besuchen aber um die kühlen Bremer Sommer, die meisten Kuwaitis, Bahrainis und Saudis erwarten sich kompetente medizinische Behandlung. Einer der Gäste vom Golf, der aber anonym bleiben will, macht aus seiner Meinung keinen Hehl: „Wenn Irak ein demokratisches Land wäre, hätte ich nichts gegen eine irakische Invasion. Sollen sie die Familie des Emirs doch aus dem Palast werfen. Dann gäbe es freie Wahlen, Demokratie. Aber Irak ist eine Diktatur und Saddam Hussein ist ein Metzger, er hat schon eigenhändig Menschen ermordet.“

Bremen hat aber nicht nur Verbindungen mit den besorgten „Gulf-People“, sondern auch mit den irakischen Aggressoren, mit den Waffenhändlern. Das Rüstungsgeschäft mit dem Irak ist in der Bundesrepublik ein „Massen

delikt“ (Der Spiegel). Warum also sollten Bremer Firmen oder Spediteure da außen vor stehen? Zum Beispiel die Firma Klöckner, Werk Bremen, die im Dezember '89 1.000 Tonnen warmgewalzt Bleche lieferte an die irakische Aufrüstungsbehörde „State Enterprise for Mechanical Industries“. Nach Informationen von Rainer Kahrs („Kampagne gegen Rüstungsexport“ handelte es sich um Spezialstahl der Kennung „ST 1403“. Verdient hat auch die Firma Philips (jetzt: Deutsche System Technik). Ihr Manager Franz Semerow hatte 1987 eine verdeckte Reise nach Bagdad unternommen, um den nicht genehmigten Export von Nachtsichtgeräten illegal abzuwickeln. Bis heute ermittelt die Oberfinanzdirektion ohne Ergebnis.

Sehr enge und von anrüchigen Stories umrankte Kontakte zum Irak unterhält auch die schillernde Vizepräsidentin der deutsch-irakischen Gesellschaft, Behr-Kinzel. Sie lebt bei Bremen, konnte aber leider gestern der taz kein Interview geben. Denn sie mußte ihre Koffer packen. Wird die Reise in den Irak gehen? „Das kann sein“.

Barbara Debus