Rhabarber? Campari-Orange? Vanille-Eis bleibt der Renner

■ Die taz guckte in die Eisdielen, fand dort viel Kreativität - und ein überwiegend konservatives Schleck-Publikum

Berlin. Es schwimmt in Kaffee oder Fanta, in Sekt oder Campari. Meist bekommt man es als Kugel in der Waffel oder im Becher. Besonders toll ist es im großen Glas mit Sahne, Likör und Kirsche. Manche ersetzen in dieser Jahreszeit damit ihr Mittagessen, die meisten genießen es als Nachspeise. Eis. Soft aus der Maschine oder wässrig vom Stengel, bei diesen Temperaturen bleibt keine/r kalt.

Trotz der verlockend vielen Angebote - manchmal über 24 Sorten - ist es nicht leicht, die BerlinerInnen zu verwöhnen. Denn genau wie beim Mittagessen (Fleisch muß auf den Tisch) sind sie extrem konservative Eisgenießer. Ihr Lieblingseis heißt seit 50 Jahren Vanille. Dies bestätigten der taz gestern unisono zehn Eisdielen bei einer Telefonumfrage. Und das finden die vielen EismacherInnen traurig. Jedes Jahr tüfteln sie an neuen, verlockenden Kreationen, gießen ein bißchen Campari hier, mischen ein paar Trüffel dort mit unter. Sie versuchen's mit Müslieis und Karibikmischungen, sie streuen ein paar Schokostreusel hier, ein wenig Rumrosinen da mit ein. Trotzdem bleiben die Leute ihrer Vanille-Schoko-Variation treu.

Da gibt es knallblaues „Schlumpf„(?)-Eis und dunkelrotes Waldbeeren-Eis, grünes und gelbes, Eis mit braunen Tupfen und roten Fruchtfäden, schokoladen- oder caramelüberzogenes. Um den wahren Vorlieben nachzugehen, mische ich mich unter das EisgenießerInnenvolk und nehme mir vor, die neuen Sommerkreationen zu überprüfen. Mein geplantes Menü ist: zunächst Campari-Orange-Eis, hier im Eiscafe in der Kochstraße, gleich gegenüber, das den Gaumen durch seine Säuerlichkeit sich zusammenziehen läßt, durch den leichten Alkoholgeschmack aber wieder entspannt. Danach, zum Genießen, vielleicht ein Vanilleeis mit Blueberry von Häagen Dazc. Alle Eisdielen bieten übrigens Joghurteis als Erfrischungsrenner der Saison an, manchmal, wie im „Florida“, immer mit frischer Vollmilch selbstgemacht.

Das könnte ich mir zum Abschluß meines Menüs vorstellen. Nach dem klassischen Vanilleeis erst mal zu Hennig in der „Neuen Welt“ an der Hasenheide. Dort stehen wieder die meisten Leute an und lassen sich die Riesenbecher mit Eis füllen. Dort ist auch das dritte neue Eishighlight der Saison, nach Campari-Orange und Blueberrysoße zu kriegen: Rhabarbereis. Die meisten Eisdielen bieten das in diesem Sommer an, weil der erfrischend säuerliche Geschmack von vielen geliebt wird. Und tatsächlich: nicht ganz so sauer wie Orange, aber fruchtig und ungewohnt rhabarberig. Lecker. Mit mir bestellen die Vielen in ihren gemischten Bechern eine Kugel Rhabarbereis dazu.

Sehr exklusiv und selten gekauft ist Orangen-Eis mit Trüffel. Einer, der vor mir in der Schlange stand und dessen Lieblingsvariation Kirsch mit Kokos ist, rät mir ab vom Trüffel-Eis („riecht komisch“) und schlägt mir die Zusammensetzung Zimt mit Caramel und Marzipan vor. Auch neu, denke ich, muß mir aber von Christina aus „Eis Hennig“ sagen lassen, daß auch das, nach Vanille, Schoko und Erdbeer eine klassische Zusammensetzung und keineswegs neu und exklusiv ist.

AWE