Schreyer holte die Schotten

■ Schottische Delegation will in West-Berlin mit SPD-SenatorInnen reden / Gegen den Export des HMI-Atommülls nach Schottland

West-Berlin. Die vier Schotten sparten weder Geld noch Mühe. Will Herald, Leonard Groat und zwei weitere Vertreter der schottischen Vereinigung der „Nuclear Free Zones“ (NFZ) trafen gestern nachmittag zu einem zweitägigen Besuch in West-Berlin ein. Sie wollen verhindern, daß der Senat den Plan des Hahn-Meitner-Instituts akzeptiert, den Atommüll des HMI-Forschungsreaktors im schottischen Dounreay zwischenzulagern und eventuell wiederaufbereiten zu lassen. Vor der morgigen Senatssitzung wolle man speziell mit den SPD-Mitgliedern im Senat reden, sagte Will Herald.

Herald ist Ratsmitglied (councillor) in der südlich von Edinburgh gelegenen Lothian Region. Die NFZ Schottland vertritt 34 Gemeindevertretungen und damit, so Herald, 92 Prozent der schottischen Bevölkerung. Die Reise nach Berlin sei für sein Land „sehr wichtig“, sagte Herald zur taz. Bei den abgebrannten Brennstäben des HMI-Reaktors handele es sich zwar nur um wenige Kilogramm pro Jahr. Trotzdem könne der Westberliner Atommüll die „Schleusen“ für weitere Atommüllimporte nach Dounreay „öffnen“. Herald fürchtet, daß das Land dann zur „Atommüllkippe für den Rest der Welt“ verkommen könnte. In den letzten Jahren hatte Dounreay, wie berichtet, ausschließlich britische Nuklearabfälle angenommen, will jetzt jedoch erneut mit dem Ausland ins Geschäft kommen.

Eingeladen wurden die vier Herren von der Westberliner AL -Umweltsenatorin Michaele Schreyer, die sich von ihnen Unterstützung für ihre Position erhofft. Wie berichtet, will Schreyer dem HMI-Reaktor die Betriebsgenehmigung verweigern, weil die Zwischenlagerung in Dounreay ihrer Meinung nach als Entsorgungsnachweis nicht ausreicht. SPD -Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller und mit ihr die SPD-Mehrheit im Senat plädieren dagegen für eine Betriebserlaubnis.

Die britischen Gäste wollen sich heute früh mit Schreyer zum Frühstück treffen und anschließend die Sondersitzung des parlamentarischen Wissenschaftsausschusses besuchen. Die Gäste hoffen, daß sie in der Sitzung Gelegenheit haben werden, vor den Abgeordneten zu reden. Bei Wissenschaftssenatorin Riedmüller hatten die NFZ-Vertreter schon vor einem Monat per Brief um einen Gesprächstermin gebeten; bis heute habe man jedoch keine Antwort von ihr erhalten, bedauerte Herald. Die Kosten der Reise vom 1.200 Kilometer entfernten Edinburgh - ein Delegationsmitglied reiste sogar von den Shetlandinseln an - tragen die NFZ -Vereinigung und die lokalen schottischen Behörden. Man sei nicht in Berlin, um sich die Stadt anzusehen, versicherte Herald gestern. Der Zweck der Reise sei „rein dienstlich“.

hmt