Sechs Zentner Fische in der Ems verendet

Meppen (dpa/taz) - Der zweite Weltkrieg ist an die Ems zurückgekehrt. Davon jedenfalls gehen die Behörden im Raum Meppen/Lingen aus, die bis gestern etwa sechs Zentner verendete Aale und Weißfische aus dem Fluß gezogen haben. Die Menge entspricht etwa 20 randvollen Hundert-Liter -Eimern. Horst Flügge von der Feuerwehrleitstelle in Meppen vermutet, daß im Fluß festgestelltes Phosphor Auslöser des Fischsterbens sei.

Das weiße Phosphor war im Zweiten Weltkrieg als Kampfstoff eingesetzt worden. Vor allem in gelöster Form ist das Element hochgiftig. Die Tiere seien an akutem Sauerstoffmangel eingegangen, erklärte Flügge. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hatte bei seiner Suche nach der Herkunft des weißen Phosphors britische Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg geborgen. Außerdem erklärten Zeugen, die britische Armee habe 1945 tonnenweise Kampfmittel in die Ems gekippt. Endgültig scheint jedoch noch nicht geklärt, ob das am Freitag in einer Wasserprobe festgestellte weiße Phosphor aus dieser Quelle stammt. Nach Angaben Flügges spricht inzwischen einiges dafür, daß neben Phosphor auch noch andere Gifte an der Verseuchung der Ems beteiligt seien. Zur Klärung der genauen Todesursache wurden inzwische tiefgefrorene Fischkadaver in das staatliche Fischuntersuchungsamt nach Cuxhaven gebracht.

Flügge erklärte, der Kampfmittelbeseitigungsdienst werde am heute eine großräumige Suchaktion vornehmen. Der Landkreis Emsland dehnte am Samstag das Verbot jeglicher Schiffahrt auf dem Fluß von der Schleuse Rheine in Nordrhein-Westfalen bis zur Einmündung in den Dortmund-Ems-Kanal aus. Von der Landesgrenze Nordrhein-Westfalens bis Lingen wurde für das verseuchte Gewässer neben Baden, Angeln, Verzehr von Fischen und Wasserentnahme auch das Betreten der Uferböschungen verboten.

Experten waren zunächst davon ausgegangen, daß nicht Chemikalien, sondern der nach der Hitzewelle der vergangenen Wochen geringe Sauerstoffgehalt und ein niedriger Wasserstand das Fischsterben ausgelöst habe. Davon ist mittlerweile nicht mehr die Rede. Als Reaktion auf die Phosphor-Verseuchung des Flusses bezieht das Atomkraftwerk Lingen sein Kühlwasser nicht mehr aus der Ems, sondern aus einem in der Nähe gelegenen Speichersee.

gero