EG will Bagdad boykottieren

■ Embargokatalog in Rom beschlossen / Kein Abbruch der diplomatischen Beziehungen

„Wir werden uns nicht eher zufriedengeben, bis kein einziger irakischer Soldat mehr in Kuwait ist und bis es wieder eine legitime und souveräne Regierung in Kuwait gibt“, erklärte der Sprecher des italienischen Außenministeriums, Giovanni Castellaneta. Italien, das gegenwärtig die Präsidentschaft in der EG innehat, hatte die Konferenz einberufen, um gemeinsame Sanktionen gegen Irak zu beschließen.

Für Japan und Westeuropa, mit Ausnahme Großbritanniens, das aufgrund der eigenen Nordsee-Lagerstätten kein Öl einführen muß, sind mit Sanktionen weit mehr Risiken verbunden als für die USA mit ihren großen Ölreserven. Die Öleinfuhren der EG aus Kuwait und Irak machen insgesamt 10,9 Prozent der EG -Gesamtölimporte aus, im Falle Japans sind es etwa fünf Prozent. Mit 54 Prozent kuwaitisch-irakischem Anteil ist die Abhängigkeit Dänemarks am stärksten. Aus den Zahlen der EG -Kommission geht hervor, daß die EG zur Zeit über Ölreserven von 130 Millionen Tonnen verfügt, die, vom gegenwärtigen Verbrauch ausgehend, für 105 Tage reichen.

Weit mehr als das Öl- dürfte Paris das Waffenembargo treffen. Während des Golfkriegs lieferte Frankreich Waffen für etwa 7,2 Milliarden DM an den Irak. Frankreich gilt nach der Sowjetunion, die bisher 80 Prozent des irakischen Rüstungsbedarfs lieferte und ebenfalls die sofortige Aussetzung aller Waffenlieferungen bekanntgab, als zweitwichtigster Waffenlieferant Bagdads. Schon seit längerem hinken die Bagdader Rückzahlungen den Pariser Forderungen weit hinterher. Weltweit dürfte der Irak mit mindestens 70 Milliarden Dollar in der Kreide stehen.

US-Präsident George Bush begrüßte die von der EG verhängten Maßnahmen gegen Irak. König Hussein von Jordanien lehnte dagegen internationale Sanktionen zum jetzigen Zeitpunkt als „verfrüht“ ab. Derartige Maßnahmen könnten eine Lösung des Konfliktes erschweren, ja ihn verschärfen. Die sowjetische Presse reagierte auf den irakischen Einmarsch ungewöhnlich scharf. Sie bezeichnete die irakische Regierung, mit der die UdSSR durch einen Freundschaftsvertrag verbunden ist, als „totalitäres und brutales Regime“. Aus Japan hieß es, man werde Sanktionen verhängen, wenn der UN-Sicherheitsrat dies fordere. Japan hatte bereits auf eine kuwaitische Bitte hin Geldanlagen von insgesamt etwa 20 Milliarden Dollar bei japanischen Instituten eingefroren.

Ein Handels- und Kreditembargo könnte sich als durchaus wirkungsvoll erweisen - wenn es denn tatsächlich eingehalten wird. Bei Waffenexporten dürfte dies, legt man vergangene Erfahrungen zugrunde, schwierig sein. Die Herkunft von Ölimporten dagegen läßt sich bestens recherchieren. Selbst wenn das Zweistromland, das je 20 Prozent seines Öls in die EG und in die USA exportiert, nur auf die Hälfte seiner Öleinnahmen verzichten müßte, würde es bereits in arge wirtschaftliche Turbulenzen trudeln.

Walter Saller