Schläger und Sammler

■ „Müllmonster im Museum“ / Kinder machen katastrophales Schattenspiel

Die auf Dunkel getönten Glastüren des Übersee-Museums blicken abweisend auf mich und mein helles Mäntelchen herab. „Montags geschlossen“, wie immer, - hätte man sich auch denken können. Ratlos linse ich durch die Scheiben. Die Kinder der Ferienaktion „Müllmonster im Museum“ basteln scheinbar im Verborgenen und sind nur schwer aufzustöbern. Die Zeit drängt, es

ist schon elf, ich haste zur nächsten Telephonzelle, sie ist zum Glück nicht weit. Die „gelben Seiten“ spucken vier Nummern aus, doch meine Fragen nach den Müllmonstern stoßen dreimal auf Unverständnis oder auf den automatischen Anrufbeantworter. Erst beim vierten Versuch gelange ich an einen Pförtner, dem es auch prompt gelingt, die zuständige Museumspädagogin herbeizutelephonieren. Sie führt mich minutenlang durch ein Labyrinth fensterloser Gänge, und endlich sind wir da, bei den Kindern und dem Müll.

Donnernder Lärm empfängt uns, dann ein triumphierender Schrei. Wolf, acht, und Gregor, sieben Jahre alt, kauern auf dem Boden, zwischen unzähligen kaputten Weckern. Während Wolf mit Lust und Gebrüll den alten Uhren mit einem Eisenhammer zu Leibe rückt, liest Gregor, hinter einer Schranktür vor den Geschossen seines Kollegen Schutz suchend, die auf dem Boden verstreuten feinen Federn, Spiralen und Zahnräder aus dem Innenleben der Wecker auf. Arbeitsteilig

wird zertrümmert und gesammelt, und das muß wohl so sein. Denn, merkt Antje Steinberg, seit fünf Jahren Pädagogin am Übesee-Museum, dazu an, „Kinder haben eine kreative und eine zerstörerische Ader“. Doch wenn es auch im Moment den Anschein hat, als ob sich hier vor allem die zerstörerische Ader Bahn bräche, ist das ganze Projekt doch durchaus kreativ gemeint.

Im spielerischen Umgang mit allerlei Abfall sollen die Kinder eventuelle Furcht vor dem drohenden Kollaps der Erde überwinden und ein Bewußtsein für die Umweltprobleme unserer Zeit entwickeln. Wo entsteht Müll, was geschieht mit Müll und wie kann man Müll vermeiden? - das sind die Fragen, die in diesem einwöchigen Projekt vorsichtig an die Kinder herangetragen werden sollen. „Man darf Kinder nicht überlasten, aber man darf ihnen auch nichts vorenthalten“, erklärt Frau Steinberg, „wenn Kinder fragen, soll man ihnen antworten“.

Die Kinder hier allerdings fragen zunächst noch gar nichts.

Doch wenn sie morgen den Recycling-Hof in Findorff besichtigen und sich dort eigenhändig Material für ihre Müllmonster zusammensuchen, wird das vielleicht anders. Aus Blechdosen, Stoffresten, Korken und Industrieabfällen aller Art sollen die Kinder Puppen bauen, die dann, vor der Silhouette eines noch zu fabrizierenden Müllberges, Theater spielen werden. Begleitet soll dieses Spektakel von spezieller Müllmusik werden, und die ist das eigentlich Schöne an dem ganzen Projekt: „Monster-Theater? Nee, Monster -Musik!“ jubelt Gregor und wird in seiner Begeisterung höchstens noch von Wolf übertroffen. Alte Fahradlenker werden zu Trompeten, Keksdosen, Ofenrohre und Topfdeckel zu Schlagzeugen verwandelt, - das Resultat ist infernalisch. Zwischendurch wandert Gregor auf den Flur ab, um seine Trommelkonstruktion in Ruhe zu probieren - dumpf scheppert es in den Museumsgängen -, doch die zarten Triangelversuche der Pädagogin dringen immer noch nicht durch. Kaum zu glauben, daß es nur zwei sind, die da mit glasigen Augen und entrücktem Lächeln auf alles einschlagen, was Krach macht Monstermusik.

Susanna Moßmann

Die Aktion findet täglich von 9 - 13 Uhr statt. Es sind noch Plätze frei. Info: Tel. 397-9736