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Sommerfest im Bremer Knast: Hamburger Denkhilfe

■ In „Santa Fu“ gibt es seit 18 Jahren Feste mit allen Knackis und Gästen von außerhalb / Erfahrungen: bestens

Seitdem einige Gefangene in Bremen-Oslebshausen die zündende Idee hatten, ein „Sommerfest“ zu organisieren und dazu auch Familien-Angehörige und Gäste von außerhalb einzuladen, denken die Bremer Justizbehörde und der Knastleiter Hans -Henning Hoff scharf nach, ob und wie das wohl zu genehmigen wäre. Augenblicklicher Erkenntnis-Stand: Fest möglicherweise ja, externe Gäste nein: Die Gefahr, daß Drogen hineingeschmuggelt würden, sei zu groß (vgl. ausführlich taz v. 4.8.)

In „Santa Fu“, Hamburgs legendärem Knast in Fuhlsbüttel, gibt es seit 17 Jahren Sommerfeste - natürlich mit Gästen von draußen. Das 18. steigt am 25. August. Die taz fragte den Anstaltsleiter Hans-Jürgen Kamp nach seinen Hamburger Erfahrungen.

taz: Sie veranstalten zum 18. Mal Ihr Knastfest - haben Sie keine Angst, mit Drogen überschwemmt zu werden?

Hans-Jürgen Kamp: Diese Diskussionen gibt es auch bei uns immer

mal wieder. Es hat, soweit ich das aus der Geschichte der Anstalt weiß, zu keiner Zeit ein irgendwie geartetes Vorkommnis gegeben, das jemals Anlaß gegeben hätte, die Fortsetzung dieser Sommerfeste in Frage zu stellen. Es hat im Vorfeld immer mal anonyme und nicht-anonyme Hinweise gegeben, daß irgendetwas passieren sollte. Eine Überprüfung hat reglmäßig ergeben, daß da nichts dran war.

Organisieren Sie das Fest knastintern oder mit auswärtigen Gästen?

Jaja! Der Reiz ist ja gerade, daß ein großer Besuchstag abläuft. Die Insassen haben an dem Tag die Möglichkeit, sich von mittags bis 17 oder 18 Uhr mit den Angehörigen und zugelassenen Besuchern auf dem Gelände aufzuhalten. Die Gästeliste wird zuvor beantragt und überprüft, aber irgendwann steht das fest.

Sortieren Sie, welche Gefangenen teilnehmen dürfen und welche nicht?

Nein. Alle dürfen teilnehmen.

In Bremen-Oslebshausen gibt es 370 männliche und 13 weibli

che Gefangene. Sitzen bei Ihnen auch Frauen ein?

Nur Männer, 540. Aber natürlich kommen weibliche Gäste: Ehefrauen, Verlobte, sonstige Partnerinnen.

Sie sortieren, wer teilnehmen darf, auch nicht nach Drogenliste?

Nein! Wenn wir das täten, wäre die Zahl relativ klein.

Die große Sorge in Bremen ist, daß beim Fest massenhaft Drogen eingeschleust werden und daß die Beamten am nächsten Tag in die Zellen müssen, um unter den Mat

ratzen die Heroinbriefchen zu suchen...

Es gibt bestimmt den einen oder andern Kontakt während der Feier, wo dann auch solche Stoffe reinkommen. Aber das ist unsere Erfahrung: Die Gefahr bei dem Sommerfest ist nicht größer als zu jeder anderen Situation. Eher galt umgekehrtdaß alle Insasssen sich der Verantwortung für das Fest so bewußt sind, daß sie sagen: Wenn schon, dann lieber bei anderen Vorkommnissen.

In Bremen sitzen Gefangene bis zu 8 Jahren; mit dem Straf

maßhängen ja auch immer Sicherheitsüberlegungen zusammen...

Bei uns bis lebenslang...

Und die dürfen sozusagen unsortiert auf die Party?

Ja. - Naja, Party... Die Leute sitzen im Grünen und reden miteinander und trinken Kaffee. Es geht nicht so furchtbar festlich zu. Es wird gegrillt, es gibt Bundeswehrzelte, wo man sich bei schlechtem Wetter hineinsetzen kann. Ab und zu spielt eine Band, aber weil wir mitten in der Stadt liegen, gibt es ordnungsbehördli

che Auflagen wegen der Lautstärke. Es ist eher eine ruhige und relativ friedliche Veranstaltung.

Warum machen Sie das Ganze?

Die Außenkontakte sind für die Gefangenen etwas Lebensnotwendiges. Die Gefahr, daß über lange Zeiten hinweg diese Kontakte langsam aber sicher einschlafen, ist sehr groß, damit ist die Entwurzelung dieser Leute vorprogrammiert. Deshalb ist jede Möglichkeit, solche Kontakte am Leben zu erhalten, eine gute Maßnahme. Dafür sind solche Veranstaltungen am ehesten geeignet, weil sie den Realitäten draußen noch am ehesten nahekommen. Die normale Besuchssituation sonst ist ja eine typische Knastsituation. Und bei einer vernünftigen Organistation und Kooperation zwischen Insassen und Mitarbeitern ist das Risiko, daß das mißbraucht wird, in normalen Grenzen zu halten, wie es für jeden Besuch gilt.

Stehen dann ganze Hundertschaften schwerbewaffneter Polizei längs der Mauer?

Nein. Polizei ist überhaupt nicht da. Das machen wir mit eigenem Personal. Es gibt eine gewisse Verstärkung, weil mehr Besucher abgefertigt werden müssen. Es gibt auf dem Gelände auch immer einige Mitarbeiter, die gucken, daß alles vernünftig im Rahmen bleibt. Aber das ist dann auch alles. Und die Erfahrungen der letzen Jahre zeigen, daß das ganz normal läuft. Fragen: Susanne Paa

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