Öl, Pump, Krise

■ Iraks Invasion kommt den USA denkbar ungelegen

MIT WASHINGTON AUF DU UND DU

Aus Washington Rolf Paasch

Die Truppen Saddam Husseins waren noch nicht ganz über die kuwaitische Grenze marschiert, da sahen Amerikas Autofahrer schon die Digitalziffern an den Zapfsäulen in die Höhe schnellen. 4 Cents pro Gallone oder mehr, das macht auf dem gegenwärtigen Urlaubstrip von Mr.Average zwar nur einer Handvoll Dollars aus, mag aber zur endgültigen Herbeiführung der wohl am häufigsten vorhergesagten Rezession in der US -Wirtschaftsgeschichte ausreichen.

Da ein Ansteigen des Rohölpreises um einen Dollar pro Barrel die Ölverbraucher jährlich rund 6 Milliarden Dollar kostet, wird ein um 5 bis 6 Dollar ansteigender Barrelpreis die US-Volkswirtschaft im ersten Jahr um mindestens 50 Milliarden Dollar belasten. Im Vergleich zum tiefen Ölpreisschock von 1973, der die US-Ökonomie zur Zeit galloppierender Inflation traf, mögen diese prognostizierten Zahlen gering erscheinen. Angesichts des mehr als angeschlagenen Zustands der US-Volkswirtschaft könnte diese Belastung jedoch schon reichen, um die USA in die erste Rezession nach Reagan zu stürzen.

Dieser „Slump“ nach dem achtjährigen Boom auf Pump wird von der Bush-Administration schon seit ihrem Amtsantritt weggeredet und von der Zentralbank mit geschicktem Zinssatzmanagement immer wieder auf morgen verschoben. Ob sich mit solchem Krisenmanagement das Vertrauen von Industrie und Wallstreet in die wirtschaftliche Entwicklung auch nach Husseins überraschender Ölinvasion aufrechterhalten läßt, ist eher zweifelhaft. Denn jeder weiß, daß diese zusätzlichen 50 Milliarden Dollar die bereits festgefahrenen Verhandlungen zwischen Administration und Kongreß über eine Reduzierung des Haushaltsbudgets zusätzlich erschweren werden - was wiederum die Kapital- und Finanzmärkte in zusätzliche Unsicherheiten versetzen wird.

Bei bereits ansteigenden Arbeitslosenzahlen, erschöpften Verbrauchern und investitionsunwilligen Unternehmern kommt Saddam Husseins Einmarsch in Kuwait für die USA zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Eine Rezession zum jetzigen Zeitpunkt könnte nach finanziellen Abenteurertum der Reagan -Jahre katastrophale Auswirkungen haben. Nicht nur, daß die auf 500 Milliarden Dollar geschätzte Sanierung des Sparkassensystems aufgrund fallender Grundstückpreise noch teurer würde. Auch einige der in den 80er Jahren so risikofreudigen Großbanken dürften eine Rezession kaum überleben. Wenn er dann wirklich kommt, der durch Hussein induzierte wirtschaftliche Abschwung, dann wird er in den USA von einer Rekordzahl von Geschäfts- und Bankenpleiten begleitet werden. Keine schönen Aussichten für George Bush, der 1992 wiedergewählt werden möchte.