GAL: “... da war'n es wieder zwei“

■ Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete legte entnervt Mandat nieder

Berlin (taz) - Die Hamburger Grün-Alternative Liste (GAL) wird für die letzten Monate der Legislaturperiode wieder mit zwei Abgeordneten in der Bürgerschaft vertreten sein: Mit Datum vom 1. August teilte der Anwalt der aus der GAL ausgetretenen Bürgerschaftsabgeordneten Kristin Heyne mit, daß seine Mandantin ihr Mandat niedergelegt hat. Nachrücken wird voraussichtlich Gisela Walck (GAL). Kristin Heyne will sich, so ist diese Entscheidung zu verstehen, auch aus Gesundheitsgründen dem nervenaufreibenden Rechtsstreitigkeiten entziehen, das die FraktionsmitarbeiterInnen, unterstützt von der GAL, mit den ausgetretenen Abgeordneten führen.

Vier der acht Frauen, mit denen die GAL vor vier Jahren als „Frauenfraktion“ in das Landesparlament einzog, sind am 1.3.1990 aus der Partei ausgetreten und fühlen sich der Aufbruch- und Realo-Strömung der Grünen nahestehend, die in Hamburg außerhalb der Grünen Partei als „Grünes Forum“ organisiert ist. Zwei weitere Abgeordnete arbeiten mit diesen vier Frauen in der neuen Frauenfraktion zusammen.

Der Druck, mit dem die GAL die Rückgabe auch der anderen „geklauten“ Mandate erreichen will, hat jedenfalls einen finanziellen Grund: Die Partei hat ihre Abgeordneten durch eine geschickte Vertragskonstruktion an sich gebunden. Die Abgeordneten der Frauenfraktion, so das Rechtskonstrukt, stellen ihre MitarbeiterInnen als private BGB-Gesellschaft ein, treten aber gleichzeitig das Recht, die Arbeitsverträge verbindlich abzuschließen, an den Vorstand der GAL ab. Da in einer BGB-Gesellschaft Kündigungen nur einstimmig ausgesprochen werden können, konnten die aus der GAL ausgetretenen Abgeordneten nicht einmal fristgemäß kündigen

-die GAL ermunterte ihre FraktionsmitarbeiterInnen, die Abgeordneten für den sogenannten Mandatsklau „in die persönliche und materielle Haftung zu nehmen“.

In der ersten Instanz hat das Hamburger Arbeitsgericht diese Interpretion der Rechtslage bestätigt und dabei eine Feststellung getroffen, die alle parlamentarischen Fraktionen in der Bundesrepublik aufscheuchen muß: „Die Fraktion mag im Bereich des Verfassungs- und Parlamentsrechts eine eigenständige Rechtspersönlichkeit sein. Für den Bereich des Arbeitsrechts (...) ist das jedoch nicht der Fall (...)“ (Az: Ca 103/90)

Einige -zigtausend Mark an Lohn- und Gerichtskosten kann der Spaß für jede einzelne aus der Frauenfraktion kosten wenn sie sich nicht durch einen Verzicht auf das Mandat freikauft. Genau das hat der Anwalt der Abgeordneten Heyne getan: „Mit den Mitarbeitern der früheren GAL-Fraktion hat sich meine Mandantin dahingehend geeinigt, daß die Mitarbeiter auf die Geltendmachung etwaiger Ansprüche aus den Angestelltenverhältnissen verzichten...“

Die GAL kann die Verstärkung der öffentlichkeitswirksamen Präsenz im Parlament gut gebrauchen. Denn nach den Austritten dieses Jahres hat das Auftreten von Gysis PDS in der Bundesrepublik die Hamburger GAL-Grünen in eine interne Debatte gestürzt. In ein paar Monaten konkurrierend gegen eine „Linke Liste/PDS“ im Hamburger Wahlkampf anzutreten, können sich heute nur wenige der GAL-PolitikerInnen vorstellen. Für die Bürgerschaftswahlen rechnet man damit, daß Michael Stamm und die „Linke Liste/PDS“ zur Wahl der GAL aufrufen. Das, so hofft man schadenfroh beim „Grünen Forum“, dürfte den Bundesvorstand nötigen, seine schroffe Ablehnung des GrüFos zu überdenken.

K.W.