„Eine unheimliche Herausforderung“

■ Friedhelm Farthmann, Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, über eine Kandidatur in Thüringen

INTERVIEW

Anke Fuchs, Bundesgeschäftsführerin der SPD, will als Spitzenkandidatin für die SPD in Sachsen antreten. Chancen, die Wahl zu gewinnen, hat sie kaum. Friedhelm Farthmann soll in Thüringen ins Rennen gehen. Auch seine Niederlage ist vorprogrammiert. Einzig der West-Kandidat in Mecklenburg -Vorpommern darf auf Ministerpräsidentenehren hoffen. Für diesen Job ist der Kieler Justizminister Klaus Klinger im Gespräch.

taz: Herr Farthmann, sie haben ihre Bereitschaft signalisiert, in Thüringen als Spitzenkandidat der SPD bei den Landtagswahlen anzutreten. Was zieht sie nach Thüringen?

Friedhelm Farthmann: Es stimmt, daß der Wunsch von Thüringen geäußert worden ist. Ich bin zur Zeit dabei, das zu prüfen.

In Thürigen hat die SPD ca.20% der Wählerstimmen erzielt, also kaum Chancen.

Das ist schwer abzuschätzen. Die Ergebnisse waren bei der Volkskammer- und bei der Kommunalwahl enttäuschend, aber auf der anderen Seite ist Thüringen die Wiege der Sozialdemokratie und hat zur Weimarer Zeit immer zu unseren Stammländern gehört. Ich erinnere nur an das Erfurter Programm und den Vereinigungsparteitag von Gotha. Die letzten Wahlen haben unter untypischen Vorzeichen stattgefunden. Ich glaube, daß Wählerbewegungen möglich sind und gehe von einer ernsthaften Chance aus.

Was verbindet sie persönlich mit Thüringen?

Ich habe einem Politikerexport in andere Regionen immer sehr skeptisch gegenüber gestanden. Das ist auch der Grund für mein Zögern. Auf der anderen Seite ist es natürlich eine unheimliche Herausforderung, ein neu entstehendes Land - was auch seine Identität wieder neu sucht -, zu führen und zu gestalten.

Im letzten Landtagswahlkampf wurde Norbert Blüm von der SPD immer hämisch als „Kandidat auf der Durchreise“ bezeichnet, weil er erklärt hatte, als Oppositionsführer nicht in Düsseldorf bleiben zu wollen. Werden sie auch im Fall einer Niederlage in Thüringen bleiben?

Ich lege bei dieser Frage denselben Maßstab an wie bei der Kandidatur. Ich will prüfen, ob ich drüben wirklich helfen und nutzen kann. Das werde ich in Gesprächen in der nächsten Woche erkunden. Wenn ich dabei das Gefühl habe, daß da nur ein Aushängeschild gesucht wird, stehe ich nicht zur Verfügung. Wenn ich aber helfen kann, gehe ich. Ob ich dann bleibe, hängt nicht davon ab, ob die SPD den ersten oder zweiten Platz belegt und ob ich Ministerpräsident werde oder nicht. Entscheidend ist, ob ich da nutzen kann.

Sie haben sich deutlich für Berlin als Hauptstadt ausgesprochen. Die Regierung Rau kämpft verbissen für Bonn. Fliehen sie Düsseldorf?

Nein, das hat damit gar nichts zu tun. Die Hauptstadtfrage ist für mich auch überhaupt nicht essentiell. Ich halte zwar Berlin als Hauptstadt für wünschenswert, aber das wird vom neugewählten gesamtdeutschen Parlament entschieden, und dieser Entscheidung werde ich mich beugen.

Haben sie keine Lust mehr, an der Politik in Düsseldorf teilzunehmen?

Davon kann keine Rede sein. Es spielt auch nicht der Schimmer einer Resignation hier eine Rolle. Der Ruf aus Thüringen ist sozusagen eine Anforderung der höheren Dimension, die mit der Arbeit in NRW nichts zu tun hat.

Interview: Walter Jakobs