Benazir Bhutto aus dem Amt entlassen

■ Pakistanischer Präsident macht Vorwurf der Korruption - Parlamentsneuwahlen am 26.Oktober

Islamabad (taz/afp) - In der pakistanischen Presse kursierte das Gerücht seit Wochen. Dennoch war es ein Schock, als der pakistanische Präsident Ghulam Ishaq Khan am gestrigen Montag im Fernsehen verkündete: Ministerpräsidentin Benazir Bhutto ist entlassen und das Parlament aufgelöst.

Die Regierung Bhutto habe durch Machtmißbrauch Korruption und Nepotismus das Vertrauen verloren, erklärte Khan. „Die Regierung hat die Bestimmungen der Verfassung und das Gesetz verletzt.“ Die oberste richterliche Gewalt sei öffentlich lächerlich gemacht worden, Behörden und Einrichtungen der Regierung, einschließlich Unternehmen und Banken, seien für politische Ziele und persönlichen Gewinn genutzt worden. Nach Darstellung des Präsidenten hätten die pakistanischen Beamten zudem ohne Rücksicht auf Verfassung und Zustimmung der Regierung völlig eigenmächtig Entscheidungen getroffen. Gleichzeitig kündigte Khan Neuwahlen für den 24.Oktober an.

Überraschend war für politische Beobachter in Pakistan vor allem, daß Oppositionsführer Ghulam Mustafa Jastoi vorübergehend mit dem Amt des Ministerpräsidenten betraut wurde. Nicht daß Jatoi, unter Vater Bhutto noch PPP-Mitglied und einflußreicher Ministerpräsident der Sindh-Provinz, sich nie für diesen Posten interessiert hätte. „Nach fünf Anläufen hat es nun endlich geklappt“, so der Tenor der Karikaturisten.

Die Tatsache, daß der heutige Oppositionsführer unterdessen Chef einer kleinen zentralistischen Partei mit dem Posten betraut wurde, schmecke nach einem Coup.

„Wer garantiert uns, daß die Wahlen nicht - wie schon die für 1977 anberaumten - weit über den Herbst hinausgezögert werden?“, fragt der Herausgeber des politischen Wochenmagazins 'Herald‘, Talat Aslam. „Benazir Bhutto hatte in den vergangenen Monaten zunehmend Schwierigkeiten mit den Militärs, die es gerne gesehen hätten, wenn ihnen die Premierministerin in der explosiven Sindhprovinz mehr Kompetenzen eingeräumt hätte. Die Kriegsgefahr in Kaschmir hat den Eklat eher noch hinausgezögert.“

21 Monate vermochte die erste Premierministerin eines islamischen Landes das mächtige pakistanische Militär mit den Sympathien der Vereinigten Staaten bei der Stange zu halten. Unter Bhutto werden die USA ihre Mittel weiterfließen lassen, lautete das Kalkül. Die jüngsten Kürzungen der US-Militärhilfe für den afghanischen Widerstand in Pakistan um ein Viertel der 400 Millionen Dollar beweisen jedoch, daß Washingtons Dollarsegen auch unter der liebsamen Premierministerin endlich ist. Nach unbestätigten Berichten soll auch der Chef der Armee gegen einen Hardliner ausgetauscht worden sein.

sl