taz auf Raum-Patrouille

■ Leerstehende oder verfallende Häuser, taz-serienmäßig ge- und besucht / Fortsetzung

Seit Samstag stellt die taz leerstehende Häuser vor, die offensichtlich statt dem Wohnen nur dem Verfall und den Spekulationen von Nachbarn und Spaziergängern peisgegeben sind. Hier zwei weitere Beispiele bremischer Wohnraumvergeudung. Da ist zum Beispiel das kleine zweistöckige Haus in der Hastedter Heerstraße 70. Weiß und in recht gutem Zustand ragt es etwas schräg in den Bürgersteig hinein. Am Dach fehlen zwei oder drei Ziegel. Durch die Fenster des zweiten Stocks schimmern altmodische Tapetenmuster, in der ersten Etage sind Fenster und Türen zugemauert. Die bewohnten Häuser der Hastedter Dorfstraße schließen nahtlos an, offenbar aus demselben Baujahr.

Das zumindest meint Nachbar Wegner aus dem Haus nebenan.

„Das Gebäude steht nun schon seit über zwei Jahren leer“, erzählt er „und soll wohl demnächst abgerissen werden“. Viele Leute hätten sich bereits um die Wohnung beworben, aber da sei wohl nichts zu machen, weil das Haus inzwischen der Stadt Bremen gehöre. Der junge Verkäufer in dem Schilder - und Stempelladen gegenüber weiß, daß „irgendwelche jungen Leute mal versucht haben das Haus zu besetzen“, deshalb sei das Erdgeschoß zugemauert worden.

Auf einem Balkon nebenan steht eine alte Frau, 15 Jahre wohnt sie bereits hier: „Zuerst haben da Türken drinn gewohnt und als die dann ausgezogen sind, wurde das Haus vom Senat gekauft und zugemauert“. Hausmeister Westerweele im Haus gegenüber vermutet, die Stadt Bre

men habe das Haus nur gekauft, um es abzureißen und dann den Bürgersteig zu verbreitern. Die einst zweifellos repräsentative Villa in der Schwachhauser Heerstraße 266 bröckelt vor sich hin. Erste Säulen aus dem Geländer der Freitreppe fehlen schon völlig. Eisenstreben ragen aus den Wänden hervor. „Früher war hier mal eine Sonderschule - für schwer erziehbare Jugendliche. Aber daran kann ich mich nur noch ganz dunkel erinnern.“ Die Nachbarin führt ihren Hund spazieren. Seit wann das Haus leersteht, kann sie nur mühsam auf „mindestens ein bis zwei Jahre“ datieren. „Das gehört mit zu dem Freizeitheim für Gehörlose, die lassen das bestimmt nicht aus bösem Willen leer.“ Im Vorgarten sind Rentner mit Rasenmähen beschäftigt: Gehörlose offensichtlich. Liebenswürdig verweisen sie die Besucherin von einem zum andern, bis einer zum Schlüsselbund greift und ins Haus hineinführt. Lange nicht mehr durchspülte Klobecken stinken vor sich hin. Holzdielen knarren. Die Führung geht am Fahrstuhl bewußt vorbei.

Der alte Mann in weißer Latzhose führt in den Prachtraum: An Kamin und Sofa vorbei in ein Sitzungszimmer mit Holztäfelung, intarsien-verziert. Heftig gestikulierend zeigt er: Alles wird umgebaut. Er führt ins neugebaute

Nebenhaus, das eigentliche Freizeitheim. Pläne eines Bremer Architektur-Büros hängen dort, vom März diesen Jahres, Um und Anbauten sorgfältig dokumentiert. Ein Wohnheim wird hier entstehen: Leerstand wird sich mit Leben füllen.

ra/bz