„Totenköpfe sind doch geil eh“

■ Das Punkhaus in der Friesenstraße steht kurz vor seiner Übergabe / Die taz läßt seine Bewohner zu Wort kommen

Im Punkhaus in der Friesenstraße, von „Klick“ für Jugendwohnen gekauft und mit Hilfe einer Sozialarbeiterin, der Planungs

werkstatt und dem Architekten Wolfgang Kück seit April 1989 um- und ausgebaut, sind die ersten acht Jugendlichen eingezo

gen. Die Punks haben ihr Haus mitgestaltet bis hin zur Farbgebung von Fassade, Badezimmer-Kacheln, (weitgehend ökologischen) Materialien, Raumaufteilung. Über ABM-und BSHG 19-Stellen sind sie angestellt.

Bereitwillig ließen sie einen Blick in ihre WGzu: Auf Marius‘ Sammlung von Totenköpfen („Totenköpfe sind doch geil, eh“), auf die Becks-Fahne als Gardinen-Ersatz, in den noch unfertigen Übungskeller, wo irgendwann lauter als im Haus die Musik dröhnen können soll. Anfangs seien die Nachbarn bis hin zum Ortsamt Sturm gelaufen. Aber man habe sich auseinandergesetzt: „Wir reißen uns zusammen“, beteuern sie. Architekt und Sozialarbeiterin bestätigen: Die Zusammenarbeit läuft bestens. Auseinandersetzungen di

rekt, ohne Umschweife. Mit klaren Vorstellungen arbeiten die Jugendlichen an „ihrem Haus“, diesem ersten Projekt Sozialen Wohnungsbaus für eine Subkultur.

Lars, 21 Jahre, Haarfarbe: rose-red, arbeitet seit April

1989 in dem Projekt Friesenstraße mit. Er hat ein Zimmer im Hinterhaus, für 250 Mark im Monat.

Wie unterscheidet sich das Leben hier von dem, wie du früher gelebt hast?

(Pause)Lars:Wie früher meinst du denn?Na, du hast doch sicher eine wie auch immer normale Kindheit hinter dir? Nee, hab ich nicht. Da möcht ich aber auch nicht näher drauf eingehen.

Begreifst du dich denn als Punk? Wie wird man zum Punk?

Das ist automatisch irgendwie gekommen: Keine Wohnung mehr gehabt, auf der Straße abgehan

gen. Wie alt warst du da? 18, mit 16 bin ich aber auch schon abgefahren. Dann an'ne Ecke gekommen. Wie bist du dann an deine Haarfarbe gekommen? Das kommt von alleine. Da hat man irgendwann Bock drauf. Als Form von Protest? Protest liegt sowieso in dem ganzen Kram mit drin. Wogegen? Gegen die Gesellschaft, so wie die Gesellschaft lebt.Hast du denn das Gefühl du lebst anders? Klar, eigentlich schon. Relativ. Wenn ich arbeite, leb ich natürlich nicht anders. Nur daß ich nicht - irgendwie so mit dem Strich gehe: Arbeiten, nach Hause gehen, Essen, Pennen - immerdasselbe, so wie die anderen das Lebenspensum haben. Wir feiern halt oft...Ist das Haus hier denn zu einem Treffpunkt für Eure Szenen geworden? Klar unsere Freunde kommen natürlich

hierher.

Sind denn viele von Eurer Szene obdachlos? Seit das Haus hier bezugsfertig wurde, geht das eigentlich. Das war auch so das Ding: das wir was zum Wohnen brauchten. Findest du das Projekt ok?Ja klar. Gute Idee.Und die Probleme mit den Nachbarn? Teilweise ging das hintenherum. Dann haben wir aber Besprechungen gehabt, was alles nicht in Ordnung ist. Meistens war es Lautstärke. Aber das liegt auch echt an dem Hinterhof, daß es derbe laut wie aus einem Kessel darüber geht. Wir haben aber versucht uns zusammenzureißen.

(Gespräch: Birgitt Rambalski)

Ende August soll das Haus offiziell übergeben werden. Dann werden die Nachbarn auch nochmals zu einem Austausch eingeladen.