Rot-grün: Durchmarsch der Männer

■ Neue niedersächsische Landesregierung will keine Frauen in Führungspositionen hier bitte die gefaxte Karikatur

Die Gleichstellung von Frauen haben SPD und Grüne in der neuen niedersächsischen Landesregierung ganz dick auf die Fahnen geschrieben. Ein Gleichstellungsgesetz steht an erster Stelle der Koalitionsvereinbarung. Aber daß ein solches Gesetz tatsächlich fehlt, demonstriert im Moment niemand besser, als die Koalition selber. Lediglich auf der Regierungsebene wird der frauenpolitische Anspruch mit vier Ministerinnen, davon die Grüne Waltraud Schoppe als neue Frauenministerin, hochgehalten. Zur Vorbereitung auf die Kabinettssitzungen mit den männlichen Kollegen treffen sich die vier Ministerinnen montäglich zur gemeinsamen Stärkung beim „Hexenmahl“.

Doch schon eine Ebene darunter finden sich unter den zwölf Staatssekretären nur zwei Politikerinnen der Grünen. Die Sozialdemokraten wählten ausnahmslos Männer in Amt und Würden. Von Seiten der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) hagelte es Kritik. Monika Ganseforth, AsF-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete aus Niedersachsen, räumt ein, daß es infolge jahrzehntelanger Benachteiligung nur wenige qualifzierte Frauen gibt. Dennoch wäre ihrer Meinung nach „mit etwas mehr Mühe und Phantasie“ auch eine SPD-Staatssekretärin gefunden worden.

Der Durchmarsch der Männer setzt sich fort bei den Bezirksregierungen. Auf eine Regierungspräsidentin, wie sie die AsF vehement forderte, muß Niedersachsen noch ein paar Jahre warten. Drei SPDler und ein Grüner stehen jetzt den vier Bezirksregierungen in Oldenburg, Braunschweig, Lüneburg und Hannover vor. Vorwiegend männlich geht es auch auf den 28 Aufsichtsratssesseln in Unternehmen mit Landesbeteiligung zu. Allein auf weiter Flur vertritt dort Umweltministerin Monika Griefahn als einzige Frau die Regierung.

Für die SPD-Frau Monika Ganseforth bedeutet dies, daß künftig auf allen Ebenen eine Frauenquote her muß. Auf den guten Willen der Männer sei nun mal „kein Verlaß“. Stolz bekannte sich erst jüngst SPD-Landesvorsitzender Johann Bruns zur Frauenquote seiner Partei. Dieses „sperrige Gerät“ kratze zwar am „Lack alter Gewohnheiten“, aber die Quote wirke, meinte er. Dabei hat die SPD auch unter ihren 71 Landtagsabgeordneten mit 16 Frauen die selbst gesetzte Quote von 25 Prozent nicht erreicht. In den Augen des Parteichefs sind trotzdem gerade die SPD-Frauen anders als die Frauen in anderen Parteien: „Sie sind besser, sie haben sich durchgesetzt“.

Aber das gilt natürlich nicht, wenn Bruns selber betroffen ist. Als es jetzt um die Neubesetzung eines freigewordenen Sitzes im Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks (NDR) ging, benannte die niedersächsische SPD einfach ihren Landesvorsitzenden. Über andere Kandidaten ist nicht gesprochen worden. Dafür will die SPD im geplanten neuen NDR -Staatsvertrag festschreiben lassen, daß die Gruppen künftig für jede zweite Amtsperiode eine Frau in den Rundfunkrat entsenden müssen.

In einem Fall suchte Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) mehrere Wochen intensiv, aber vergeblich nach einer Frau. Schröder, der bei allzu forschen Frauenforderungen gelegentlich schon mal genervt den Raum verläßt, handelte sich bei einem halben Dutzend Journalistinnen Absagen für das Amt der Regierungssprecherin ein. In mehreren Fällen verhinderte der gut dotierte Job des männlichen Partners einen Umzug nach Hannover.

Andreas Möser