Differenziertes Feindbild

■ „Frauen im Vietnamkrieg“ / Pro 7 startet US-Serie um 20.10 Uhr

Mit dem Pilotfilm Willkommen in Vietnam startet der Kabelkanal Pro 7 heute um 20.10 Uhr eine neue, 44 Folgen umfassende US-Serie, die den Vietnamkrieg aus ungewöhnlicher Perspektive zeigt. Der in jeder Hinsicht desaströse Dschungelkrieg war keine Männerdomäne; auf beiden Seiten der Front spielten Frauen eine wichtige Rolle. Unter diesem Aspekt wurde die Serie China Beach - Frauen am Rande der Hölle entwickelt, die die Erlebnisse einer Krankenschwester, einer Truppenbetreuerin, einer Rotkreuz -Schwester und einer Prostituierten schildert.

Wenn die erste auf den Pilotfilm folgende Episode mit dem Titel Sieg über den Haß (am Mo, 13.8., um 22.10 Uhr) Rückschlüsse auf den Tenor aller anderen Folgen erlaubt, so bemühen sich die Autoren um ein differenziertes Bild vom damaligen Gegner. Dramaturgisch geschickt, wird zunächst eine exotische Idylle gezeichnet. Da gibt es unter Palmen eine tropische Bar, wie sie auch am Strand von Waikiki stehen könnte. Man trifft sich zum Drink, ein Soldat kommt vom Surfen, es gibt kleine Flirts und lausbubenhafte Kameraderie - und es scheint, als erschöpfe sich das Kriegsgeschehen in Zeltlagerromantik und Pfadfindergeländespielen. Natürlich trügt der Schein: Ein Anschlag macht die Kneipe in Sekundenschnelle zum Kriegsschauplatz. Ein GI fällt dem Attentat ebenso zum Opfer wie einer der beiden Partisanen, ein alter Vietnamese. Seine Begleiterin überlebt und wird verwundet ins Lazarett eingeliefert. Noch stimmt das Feindbild; Haß und Rachsucht bestimmen das Verhalten der Krankenschwester gegenüber der hochschwangeren Attentäterin, die sich als Berufskollegin herausstellt. Aber es gibt auch Irritationen: „In den Filmen sind die Bösen meist Mafiosi oder Kommunisten mit Giftzähnen und schrecklichen Uniformen“, grübelt ihre Mitbewohnerin, „aber schwangere Frauen?“ Allmählich kommt es zur Annäherung, die schließlich in einer humanen Geste mündet.

Anders als in vielen Vietnam-Filmen hat der Feind hier ein Gesicht, und das ist nicht zur monströsen Fratze verzerrt. Der Gegner wird nicht zum „gook“ verdinglicht, sondern in seinen menschlichen Regungen unvoreingenommen erfaßt. Daneben spart der Film nicht mit sarkastischen Seitenhieben. Da wird ein Gegner zur Querflöte; ein General verteilt so gedankenlos und beliebig Orden und Ehrenabzeichen im Sanitätszelt, daß selbst die Vietnamesin mit den Worten „Ich stehe stramm vor Ihnen“ eins abbekommt.

Harald Keller