Blubb, blubb, blubb

■ Kultusminister und Fußballfunktionär Gerhard Mayer-Vorfelder produziert neue Sprechblasen

PRESS-SCHLAG

Gerhard Mayer-Vorfelder ist trotz allem nach wie vor eine nicht ganz unwichtige Figur im bundesdeutschen Fußball. Präsident des VfB Stuttgart, Vorsitzender des DFB -Ligaausschusses, Nationalhymnen-Vorreiter im baden -württembergischen Kultusministerium, kurz: ein Mann, der den größten Unsinn erzählen kann und trotzdem damit an die Öffentlichkeit dringt.

So befleißigte sich DFB-Sprecher Wolfgang Niersbach auch einer gewissen kunstvollen Höflichkeit, um dem maulfertigen Schwabenländer mitzuteilen, daß ihm nunmehr wohl gar nichts Originelles mehr einfalle, um sich ins Gespräch zu bringen, er deshalb offensichtlich auf älteste und abgedroschenste Kamellen zurückgreifen müsse und nur noch gigantische Blasen heißer Luft zutage fördern könne. „Das ist nur die Auffrischung eines alten Gedankens“, urteilte er DFB -offiziös über Mayer-Vorfelders Forderung, die im Ausland tätigen Fußballer nicht mehr in der Nationalmannschaft einzusetzen.

In den 70er Jahren war solches schon einmal probiert worden. Netzer, Breitner, Beckenbauer und Stielike hießen die Opfer, und das Resultat war das Debakel von Cordoba, die Niederlage gegen Österreich bei der WM 1978, das endgültige Scheitern einer ziemlich unansehnlichen Mannschaft. Einer hat jenes Fiasko noch in besonders unguter Erinnerung: Neo -Bundestrainer Berti Vogts, der damals ein Eigentor beisteuerte und als Kapitän den Sündenbock spielen durfte. Er war es auch, der sich jetzt am vehementesten gegen den vorwitzigen Kultusminister aussprach. Über die Aufstellung der Nationalmannschaft entscheide seines Wissens der Trainer, bemerkte Vogts giftig, um Mayer-Vorfelder dann rigoros abzukanzeln: „Bei mir spielen die Legionäre.“

Nicht glücklich“ fand auch HSV-Präsident Horst Becker die Idee; er will den Spielern lieber so viel bezahlen, daß sie freiwillig in der Bundesliga bleiben. Na, denn man tau, die Burschen werden kaum etwas dagegen haben. Eher staatsmännisch äußerte sich Rolf Rüßmann, ein weiterer pechschwarzer Unglücksrabe von Cordoba: „Wer die deutsche Staatsbürgerschaft hat, soll für die deutsche Nationalmannschaft spielen können.“ Und Klaus Augenthaler hält das schlagendste aller Argumente bereit: „Ohne die Legionäre wären wir niemals Weltmeister geworden.“ Wie furchtbar! So etwas kann selbst Mayer-Vorfelder nicht wünschen.

Vereinzelt gab es jedoch auch anderslautende Stimmen. Willi Lemke von Werder Bremen kramte ein wenig im Geiste seiner sozialdemokratischen Vergangenheit und brachte so etwas wie kautskyanische Dialektik zum Vorschein: „Der Vorschlag ist nicht durchführbar, aber interessant.“ Willi Entenmann, Trainer des VfB Stuttgart, muß schon allein aus Vasallentreue vorsichtig mit seiner Wortwahl sein. Man könne auf diese Leute nicht verzichten, meint immerhin auch er, sorgt sich aber dennoch ganz im Geiste seines Dienstherrn: „Wenn der Trend so weitergeht, spielt kein Nationalspieler mehr in Deutschland.“

Und so etwas, das wird jeder einsehen, geht natürlich nicht. Bloß: Wenn sich Mayer-Vorfelder durchsetzt, spielt nicht nur kein Nationalspieler mehr in Deutschland, sondern auch kein Nationalspieler mehr in der Nationalmannschaft. Fatal, fatal, aber die Lösung liegt auf der Hand. Es genügt ein kleiner Antrag an die FIFA: Es werden einfach nur noch die Spieler für eine Nationalmannschaft zugelassen, die in dem betreffenden Land tätig sind, völlig unabhängig von ihrer Nationalität. Laudrup, Jorginho, Povlsen, Lupescu, Knoflicek, Kocian, Mihajlovic, Geovani, Yeboah, Sane Fußballherz, was willst du mehr. Und das leidige Nationalismusproblem hätten wir damit auch gleich vom Hals.

Nur Mayer-Vorfelder wird schmollen. Aber vielleicht läßt er sich ja damit trösten, daß er dann vor jedem Länderspiel höchstpersönlich gemeinsam mit Gotthilf Fischer die Nationalhymne singen darf.

Matti