Nomenklatura-GmbHs sind nichtig

■ Oberstes polnisches Gericht schließt Doppelfunktion als GmbH- und Staatsfirmenchef aus

Aus Warschau Klaus Bachmann

Mit einem einzigen Urteil hat Polens Oberstes Gericht erreicht, womit sich Parlament und Regierung seit über einem Jahr abgequält haben. Seit gut zwei Jahren gibt es in Polen ein Phänomen, das die Presse in der Zwischenzeit „Nomenklatura-GmbHs“ getauft hat.

Dabei handelt es sich um private GmbHs, die von Direktoren staatlicher Firmen gegründet wurden, um einerseits eigene Produkte billiger an sie zu verkaufen und um andererseits über diese GmbHs den eigenen Betrieben Leistungen zu überhöhten Preisen zukommen zu lassen. Die Regierung hatte ihren Direktoren zunächst verboten, zugleich Anteile an konkurrierenden Firmen zu halten, und inzwischen hat das Parlament darüber beraten, wie man diese Geschäfte rückgängig und die Direktoren und GmbHs zur Rückzahlung verpflichten könnte.

Nun hat das polnische Oberste Gericht auf eine außerordentliche Revision des Justizministeriums ganz einfach geantwortet, daß ein Fabrikdirektor vor dem Handelsgericht nicht in der doppelten Funktion als GmbH-Chef und als Firmendirektor tätig werden kann. Solche Verträge seien ungültig.

Damit haben die sieben Richter mit einem Schlag die Existenz vieler kleiner Firmen in Polen in Frage gestellt, denn nach Ermittlungen von Staatsanwaltschaften und Oberstem Rechnungshof gibt es in Polen etwa 1.600 „Nomenklatura -GmbHs“. Sechzig Prozent aller im letzten Jahr gegründeten Firmen sind von dem Urteil bedroht. Das Urteil wird auch für deren Kunden Folgen haben: Wenn die Gründungsverträge der GmbHs schon nicht gültig waren, dann wurden die Firmen im rechtlichen Sinne nie gegründet, folglich sind auch ihre Verträge mit Dritten ungültig, überlegte sich die 'Gazeta Bankowa‘. Und das gilt auch für Joint-venture-Verträge mit Ausländern.