Bhutto zwischen Korruption und Militär

■ Bhutto macht Militär erstmals offen für ihren Sturz verantwortlich / Korruptionsvorwürfe konzentrieren sich auf Bhutto-Gatten

Islamabad/Washington (taz/afp) Benazir Bhutto hat am Mittwoch erstmals direkt das Militär für ihren Sturz verantwortlich gemacht. Vor Journalisten in Karachi sagte Frau Bhutto: „Der Befehl zur Demission kam vom Militärischen Hauptquartier. Es hat Präsident Ghulam Ishaq Khan vor die Alternative gestellt, entweder entlassen Sie sie, oder wir tun es.“

Unterdessen dementierte die Übergangsregierung in Islamabad, die am Dienstag erstmals zusammentrat, am Mittwoch einen Bericht der Regierungszeitung 'The Pakistan Times‘. Diesem Bericht zufolge soll Frau Bhutto verboten worden sein, das Land zu verlassen. Frau Bhutto war am Montag überraschend vom Präsidenten mitsamt ihrer Regierung und dem Parlament entlassen worden.

Frau Bhutto, die trotz Gerüchten vom Dienstag, sie stehe in Islamabad unter Hausarrest, nach Karachi im Süden Pakistans gereist ist, sagte weiter, sie befürchte nun, daß die neue Regierung in den nächsten Wochen ebenfalls vom Militär gestürzt werden könnte. Gegenüber der 'New York Times‘ sagte sie in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview als Beweis für ihre Theorie einer Verantwortung des Militärs: „Es war die Armee, die gestern mein Haus umstellt hat, und es war die Armee, die auch mein Sekretariat, die Fernsehstation und die Telefongesellschaft eingeschlossen hat.“ Das Militär habe seit ihrem Amtsantritt im Dezember 1988 versucht, sie von der Macht zu vertreiben. „Ich bin stolz, daß es mich nicht auf parlamentarischem Weg herausdrängen konnte“, fügte sie hinzu.

Was zunächst von den Sprechern der Außenministerien in den USA und der Sowjetunion als „innere Angelegenheit Pakistans“ bewertet wurde, entpuppt sich peu a peu als länger vorbereiteter Staatsstreich auf Kosten der erst 20 Monaten währenden Demokratie. Kurz vor ihrem Abflug in ihre Heimatstadt Karachi traf Frau Bhutto noch auf den Botschafter der USA in Pakistan, Robert Oakley. Der Diplomat wandte sich nach dem Gespräch jedoch indirekt gegen die Forderung einiger Kongreßabgeordneter in Washington nach Sanktionen in Pakistan. Es sei jetzt vorrangig die Demokratie in Pakistan zu erhalten, sagte Oakley vor der Presse. Bhutto hat sich mit Militärchef Aslam Beg zunehmend Über Beförderungen, Korruption und die Rolle des Militärs in einer zivilen Gesellschaft sowie Pakistans Außenpolitik, insbesondere gegenüber Kaschmir und Afghanistan, überworfen. So war auch Alsam Beg, Chef der 450.000 Mann starken Streitkräfte, anwesend, als der neue Interimspremier Jatoi vereidigt wurde. Wie verlautete, sollen gewisse Elemente innerhalb der Armee auf einen härteren Kurs gegenüber dem prosowjetischen Regime in Kabul und gegenüber Neu-Delhi drängen.

Die Korruptionsvorwürfe verdanken sich in erster Linie der unter Bhutto wiedereingeführten Pressefreiheit. Die Regierung Zia-ul-Haq gab zwar in dieser Hinsicht nicht weniger Anlaß. Unter der elfjährigen Militärherrschaft wurden Enthüllungen über unlautere Geschäftspraktiken und Vetternwirtschaft der Regierung allerdings mit Gefängnisstrafe für Journalisten und Herausgeber geahndet.

Bhuttos Ehemann handelte sich die Korruptionsvorwürfe vor allem mit seiner Beteiligung an einem geplanten Erholungs und Hotelkomplex an den grünen Ufern des Rawal-Sees unweit des Regierungsviertels in Islamabad ein. Der Wert des bewaldeten 287 Hektar großen Geländes beläuft sich nach pakistanischen Grundstücksmaklern auf mindestens 15 Millionen Dollar. Anfang des Jahres gab die pakistanische Regierung das Gelände jedoch an für den Verkauf an eine in London ansässige Firma zum Spottpreis von 930.000 Dollar frei. Bislang konnte zwar nicht der Nachweis erbracht werden, daß die Familie Zadari an der Firma beteiligt ist.

Die Tatsache, daß Bhutto das Geschäft trotz Einwände der Bürokratie nachweislich billigte, gab der spekulationsfreudigen Presse indes Zunder.

sl