144 Volkskammerübersiedler

■ Großer Minister- und Abgeordnetentransfer nach Bonn

Berlin (taz) - Ihre staatliche Souveränität habe die DDR, so SPD-Vorstandssprecher Eduard Heußen zur taz, faktisch bereits mit der Zustimmung zum Staatsvertrag abgetreten. Mithin sei das Problem der parlamentarischen Vertretung für 16 Millionen Menschen im Falle eines Beitritts der DDR zur Bundesrepublik vor gesamtdeutschen Wahlen kein Problem: der Bundestag wird um 144 Volkskammerabgeordnete erweitert.

Parteien und Gruppen die sich nicht in die Westfraktionen eingliedern wollen oder können und gleichzeitig die neue Mindestgröße für Fraktionen nicht erreichen, könnten per Geschäftsordnung des Bundestages quasi Fraktionsrechte erlangen. Alle Abgeordneten erhielten volles Stimmrecht. Soweit stimmen Bundestagsverwaltung, SPD und einzelne Unionisten offenbar überein.

Unklar ist der Status der Minister. SPD-Vorsitzender Hans -Jochen Vogel meinte, die DDR-Regierung könnte bis zu den Landtagswahlen der DDR den Status einer Landesregierung bekommen. Denkbar wäre auch, daß die Sozialdemokraten Kanzler Kohl eine Kabinettsumbildung vorschlagen. Heußen: „Warum sollte de Maiziere nicht Finanzminister werden?“ Nach den DDR-Landtagswahlen, so die SPD, sei die DDR zudem über die fünf Landesregierungen im Bundesrat vertreten.

Gern bemüht die SPD den Vergleich der DDR mit dem Saarland, dessen eine Million Einwohner 1955 per Volksabstimmung das Saarstatut - europäischer Status unter Kontrolle der Westeuropäischen Union (WEU) - ablehnten.

Im Dezember 1956 erklärte der Landtag den politischen Saar-Beitritt zur Bundesrepublik und wählte Abgeordnete für den Bundestag. Erst zweieinhalb Jahre später, im Juli 1959 wurde der wirtschaftliche Anschluß vollzogen. Bis heute gibt es Bereiche, wie zum Beispiel im Wohnungsbau, in denen die Anpassung „noch nicht hundertprozentig abgeschlossen ist“, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums.

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