US-Nachschub von deutschem Boden?

■ Eifelstützpunkte bieten beste Voraussetzungen / Bombereinsatz von Ramstein aus gesteuert

Trier (taz) - Nach dem telefonisch erteilten Okay des Kanzlers zu einer Benutzung der amerikanischen Luftwaffenbasen in der Bundesrepublik für den Einsatz in Nahost gewinnt ein Wort des ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Vogel von diesem Bundesland als „Flugzeugträger der Nato“ wieder an Aktualität. Einiges spricht dafür, daß der Nachschub für den US-Einsatz am Golf auch über Rheinland-Pfalz rollt.

Eine Mobilmachung für den Einsatz gegen das irakische Militär wollen die Offiziere auf den amerikanischen Basen „weder bestätigen noch dementieren“, wie die stets gleiche Antwort auf entsprechende Anfragen lautet. Nachschubbasen gelten bei Konlikten mit Nahost-Staaten als „potentiell anschlagsgefährdet“. Informationen fließen daher spärlich.

Die wohl wichtigste Drehscheibe in der BRD für einen Einsatz in Nahost ist der europaweit größte US -Luftwaffenstützpunkt in Ramstein, Sitz des Oberkommandos der US-Luftstreitkräfte in Europa und Niederlassung des „Military Airlift Command“ (MAC). Das ist für den schnellen Transport von Truppen und Material zuständig. Die Zentrale befindet sich in Frankfurt.

Dem MAC gehören auch die auf den Flugplätzen Frankfurt, Sembach und Stuttgart untergebrachten Einheiten an, jedoch bietet Ramstein als ausschließlich militärisch genutzter Flughafen mit Abstand den meisten Platz. Hier stehen auch umfangreiche Lagerhallen zur Verfügung. Dem Ramsteiner Oberkommando sind mit Sicherheit die in den letzten Tagen aus Großbritannien in die Türkei verlegten 14-F-111 Bomber der Luftwaffe unterstellt. Außerdem hat sich Ramstein als Drehscheibe für US-Operationen in Nahost bereits bewährt: Hier wurden im Zuge des Iran-Contra-Deals „Hawk„-Raketen in den Iran geschafft. Allerdings ist die Ramsteiner Basis zur Zeit nur eingeschränkt verfügbar - jedenfalls wenn die US -Militärs sich an eigene Versprechungen halten: Wegen des Giftgastransportes von den bisherigen Lagerstätten in Clausen in das US-Depot Miesau ist der Flugbetrieb in Ramstein zumindest in den Vormittagsstunden blockiert.

Durchaus möglich ist auch, daß in der Bundesrepublik gebunkertes Gerät und anderes Material wie Munition über Ramstein an die Front geschafft wird. Fachleute wie Erich Schmidt-Eenboom vom Starnberger Forschungsinstitut für Friedenspolitik halten sowohl die Nutzung der Basis für Zwischenlandungen als auch für die Belieferung mit in der BRD gelagerten „Mengenverbrauchsgütern“, also vor allem Munition, für möglich. Die zur Verfrachtung an den Golf benötigten großen Transportflugzeuge können von Ramstein aus ohne Zwischenstopp weiter bis in den Nahen Osten gelangen.Auch einen Einsatz der in Rheinland-Pfalz stationierten Kampfflugzeuge im Falle einer militärischen Eskalation hält Schmidt-Eenboom für „nicht auszuschließen“. Bislang hat US-Präsident Bush 48 F-15-Kampfflugzeuge aus den USA in den Nahen Osten entsandt. Größter europäischer Stationierungsort dieser Flugzeuge, die sowohl Ziele auf der Erde bekämpfen können, als auch für die Luftüberlegenheit zuständig sind, ist das 36. Taktische Kampffliegergeschwader der USA auf dem Eifelstützpunkt Bitburg. Hier stehen 72 dieser Flugzeuge.

Ungereimt erscheinen zudem Beobachtungen der Bevölkerung um die Eifelstützpunkte Bitburg und Spangdahlem in den letzten Tagen: Dort seien noch bis nachts um ein Uhr „große Militärflugzeuge“ gelandet, berichteten Anwohner gegenüber der taz - möglicherweise Transportflugzeuge. Der Nahe Osten gehört zwar nicht zum Einsatzgebiet des Nato-Vertrages. Die Nutzung von BRD-Territorium ist nach Meinung vieler Experten daher „völkerrechtswidrig“. Doch Bonn beruft sich auf das 1982 von der Regierung Schmidt mit der Reagan-Administration abgeschlossene „War Time Host Nation Support Programm“, die rechtliche Grundlage zur Nutzung der Anlagen auf bundesdeutschem Territorium für Militäraktionen der USA außerhalb des Nato-Vertragsgebietes. Dazu muß allerdings zwischen den Regierungen in Bonn und Washington jeweils ein förmliches Einverständnis über das Vorliegen einer Krise bzw. eines Krieges hergestellt werden.

Thomas Krumenacker/azu