Zwangsverheimatet

■ Roma haben oft eine erzwungene Staatsangehörigkeit

Auf „rund 6.000 bis 7.000, die große Mehrheit von ihnen Kinder“, schätzt die Hamburger „Rom und Cinti Union“ (RCU) die Zahl heimatloser Roma, die zur Zeit ohne gesicherten Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik leben und unmittelbar von der Ausweisung bedroht sind. Es handele sich vor allem um Angehörige von Stämmen, deren Vorfahren bis Ende des 19. Jahrhunderts als Leibeigene in Rumänien lebten. „Seit der Befreiung von der Sklaverei sind sie zur Fluchtwanderung durch Europa gezwungen. Sie sind heimatlos, auch wenn viele von ihnen gezwungen waren, die polnische, jugoslawische oder rumänische Staatsangehörigkeit anzunehmen“, sagt Rudko Kawczynski, Vorsitzender der RCU.

Doch für die bundesdeutschen Behörden ist jeder, der einen jugoslawischen Paß hat, auch ein Jugoslawe. Entsprechend hat sein Antrag auf Asyl keine Chance: politische Verfolgung liege nicht vor, bescheiden einhellig die Asylämter und Verwaltungsgerichte aller Bundesländer. Pogromstimmung, Polizeiüberfälle und bürgerkriegsähnliche Zustände im Süden Jugoslawiens erkennen die Gerichte zwar an, doch nach ihrer Ansicht finden die Roma im Norden Jugoslawiens ausreichend Schutz. Deshalb dürfen sie abgschoben werden.

Erst mit der Besetzung der Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme konnten 600 Roma im vergangenen Jahr eine Sonderregelung durchsetzen. Trotz aussichtsloser Asylanträge bekommen Roma, die vor dem 1. Oktober 1985 nach Hamburg gekommen sind, ein Bleiberecht. Und auch in Nordrhein -Westfalen werden Roma zur Zeit nicht abgeschoben. Nach dem „Bettelmarsch“ im Dezember letzten Jahres erklärte sich die Landesregierung bereit, heimatlosen Roma, die vor dem 12. Januar 1990 im Land waren, ein Bleiberecht zu geben. Heimatlos gelten sie, wenn sie innerhalb der letzten zehn Jahre fünf Jahre außerhalb ihres Herkunftslandes auf Flucht waren.

Kein Kompromiß ist dagegen in Bremen in Sicht, wo knapp hundert heimatlose Roma zuletzt in Zelten vor dem Amtssitz des Innensenators kampierten, um ein Bleiberecht zu erzwingen. Zwei Familien wurden bereits festgenommen und noch am gleichen Tag ins Flugzeug nach Zagreb gesetzt. Die anderen haben sich inzwischen versteckt und hoffen auf das Ende der Sommerpause, um doch noch eine Bremer Lösung nach dem Vorbild der anderen SPD-Länder zu erreichen. Der Bremer Vorschlag einer bundeseinheitlichen Regelung des Bleiberechts für Roma war im Juni am Widerstand der CDU -Länder gescheitert.

Dirk Asendorpf