Kein Friedenspakt in Port Elizabeth

■ In der südafrikanischen Hafenstadt kamen 33 Menschen bei Protesten gegen soziale Mißstände um

Aus Johannesburg Hans Brandt

Nach dreitägigen schweren Unruhen mit mindestens 33 Toten und 160 Verhaftungen hat sich die Situation rund um die südafrikanische Hafenstadt Port Elizabeth beruhigt. Am Donnerstag waren zusätzliche Polizei- und Militäreinheiten eingesetzt worden. Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) hatte zuvor selbst zahlreiche Ordner in die Gebiete entsandt, um die Bevölkerung zu beruhigen.

In den Townships für „coloured“ („Mischlinge“) hatte es wegen zu hoher Mieten, schlechter Wasserversorgung und der Bildungsmisere schon seit einigen Wochen gebrodelt. Besonders Organisationen, die dem ANC nahestehen, hatten die Stadtverwaltung kritisiert. Diese wird von der Arbeiterpartei (LP) kontrolliert, einer Mehrheitspartei in der nach Apartheidrecht neben Weißen und Indern dritten Parlamentskammer - für „Mischlinge“. Unzufriedenheit gab es auch, nachdem ein beliebter Lehrer nicht zum Direktor einer Schule ernannt wurde, nur weil er nicht die LP unterstützte.

Unmittelbar ausgelöst wurde die Gewalt, nachdem die Polizei am Montag eine Versammlung von 3.000 Demonstranten mit Tränengas beschossen hatte. Danach kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Später dehnten sich die Unruhen aus und zahlreiche Geschäfte wurden geplündert. Offenbar verteidigten verschiedene Geschäftsbesitzer ihre Läden und schossen auf Plünderer.

LP-Führer Allan Hendrickse warf dem ANC am Donnerstag vor, für die Auseinandersetzungen verantwortlich zu sein. Auf einer Versammlung von 8.000 Menschen forderte der ANC am Donnerstag ein Ende der Gewalt. „Ich weiß, daß ihr wütend seid“, sagte ANC-Führer Raymond Mhlaba. „Aber Menschen mit hoher Integrität zeigen Größe, wenn sie ihre Wut kontrollieren.“ Kurz nach dem Abkommen zwischen Regierung und ANC vom Dienstag, in dem der ANC die sofortige Suspendierung des bewaffneten Kampfes verkündet hatte, sind die Auseinandersetzungen im Port Elizabeth eine schwere Bedrohung für den Friedenspakt. „Die Ermordung von Menschen durch die Polizei, kurz nachdem der ANC seine Sorgen über die Polizei zum Ausdruck gebracht hat, ist ein klares Zeichen, daß die Regierung nicht bereit ist, ihrem Teil des Abkommens nachzukommen“, warnte die dem ANC nahestehende Jugendorganisation SAYCO am Donnerstag. Polizeiminister Adriaan Vlok meinte lapidar, seine Männer würden „Verbrecher aufspüren und rücksichtslos gegen sie und alle Gewalttätigen vorgehen“.

Obwohl der bewaffnete Kampf keinen direkten Einfluß auf die sozialen Konflikte wie nun in Port Elizabeth hat - ANC -Kämpfer sind schließlich daran nicht beteiligt -, hatten Regierung und ANC in ihrem Abkommen formuliert, ihr Beispiel eines Friedensabkommens könnte vielleicht zu einer Abnahme der Gewalt auch in der Gesellschaft beitragen. Diese Hoffnung hat sich nicht bestätigt.