Superphenix vorläufig pensioniert

■ Monatelanger Stillstand nach Verunreinigung des Natrium-Kühlmittels durch Oxidation

Berlin (taz) - Der Superphenix im französischen Creys -Malville brütet weiter faule Eier. Zwei volle Wochen suchten die Betriebsmannschaften vergeblich nach der Ursache von Verunreinigungen im Natriumkühlsystem des Schnellen Brüters, ehe sich die Anlage am 3. Juli aufgrund eines anderen Defekts selbst abschaltete. Erst danach wurden Spezialisten auf Oxidationsprobleme an den Natriumfiltern aufmerksam.

Als Ursache für den Zwischenfall nannte die Kraftwerksleitung einen „defekten Kompressor, der durch Lufteinlaß zur Oxidation führte“. Das Natrium war zum Zeitpunkt der Schnellabschaltung bereits so schwer und weit über die zulässigen Grenzwerte verschmutzt, daß nun die Reinigung der insgesamt 3.000 Tonnen des flüssigen Metalls ansteht. Der Prozeß wird Monate dauern und den Betreibern teuer zu stehen kommen, wenn er überhaupt funktioniert.

Die französische Atomaufsichtsbehörde SCSIN wirft den Superphenix-Betreibern insbesondere vor, daß sie das Phänomen nicht zu deuten wußten, obwohl sich die Verunreinigungen bereits seit dem 20. Juni potenzierten. Am Donnerstag verlangte SCSIN eine Überprüfung sämtlicher Kontrollverfahren an dem Brüter. Gleichzeitig wurde der Störfall in die relativ harmlose Kategorie 2 einer sechsstufigen Skala eingeordnet.

Mycle Schneider vom atomkritischen „World Information Service on Energie“ in Paris warnte gestern davor, den neuerlichen Störfall nur unter dem Gesichtspunkt der Kosten zu betrachten. Geprüft werden müsse insbesondere, ob ein weiterer „Lufteinzug“ zu lokalen Überhitzungen der Brennelemente hätte führen und damit einen Unfall auslösen können. Ein solches Szenario sei denkbar, weil Verunreinigungen die Kühlmittelqualität des Natriums erheblich beeinträchtigen könnten. Scheider erinnerte in diesem Zusammenhang auch an einen immer noch nicht en detail geklärten Störfall im kleinen Bruder des Superbrüters Phenix, in dessen Verlauf sich im vergangenen Jahr eine Gasblase im Reaktorkern gebildet hatte. Gasblasen gelten insbesondere in Brutreaktoren als mögliche Auslöser sogenannter lokaler Leistungsexkursionen, die wiederum zum Ausgangspunkt einer Kernschmelze eskalieren können.

Der Superphenix, Flaggschiff der weltweiten Brüter -Gemeinde, arbeitete seit der Inbetriebnahme im Januar 1986 ganze 175 Tage mit seiner vollen Leistung von 1.300 Megawatt. Dazwischen lagen zahlreiche Störfalle. 1987/88 herrschte wegen eines Lecks in einen Zwischenlagertank zwei Jahre lang Ruhe. Auch in diesem Jahr stand der ursprünglich als erster Reaktor einer ganzen Baureihe konzipierte und inzwischen zum Forschungsprojekt degradierte Prototypreaktor die meiste Zeit still. Im Winter konnte er monatelang keinen Strom produzieren, weil das staatliche Betreiberunternehmen Electricite de France eine Gasblasenbildung nicht ausschließen konnte. Zuletzt war der Superphenix am 8. Juni wieder angefahren worden.

gero