„Gott schütze den Irak“

■ Als Reaktion auf die israelische Politik sympathisieren die Palästinenser mit Hussein und dem starken Irak

Die palästinensische Presse im arabischen Ostjerusalem und den israelisch besetzten Gebieten steht weitgehend hinter der Politik des irakischen Präsidenten Saddam Hussein. Die Ostjerusalemer Tageszeitung 'Asch-Schaab‘ schreibt in ihrer Freitagausgabe: „Gott schütze den Irak. Die Tatarenhorden der von Washington aufgestellten multinationalen Streitmacht haben ihre Flugzeuge, Kriegsschiffe und Truppen mobilisiert, um den Irak zu umzingeln. Alle Araber fühlen Schmerz und Bitterkeit. Ihre Herzen bluten.“

In weniger martialischen Worten meinte das Blatt 'Al-Kuds‘: „Die Entscheidung der USA bedeutet, daß in der ganzen Region Feuer auflodern werden, die niemals mehr gelöscht werden können. Wir hoffen, daß Weisheit und Diplomatie in den nächsten Tagen obsiegen werden. Was erwarten sich denn die USA und die westlichen Länder von dieser Eskalation? Die einzige Hoffnung, die uns bleibt ist, daß der Arabische Gipfel in Kairo eine gewaltlose Lösung findet.“ Die projordanische 'An-Nahar‘ gab sarkastisch zu bedenken: „Nun sind die Vereinigten Staaten der Beschützer des Islam. Eine Milliarde Moslems bedanken sich dafür. Unglücklicherweise vergaßen die um US-Hilfe bittenden Präsidenten der arabischen Staaten zu fragen, ob es denn überhaupt erlaubt ist, die Hilfe von Ausländern und Feinden anzunehmen, um unsere Heilige Erde zu beschützen“.

Im Gaza-Streifen verurteilten dagegen führende Mitglieder der palästinensischen Fundamentalistenbewegung „Hamas“ die irakische Invasion in Kuwait öffentlich. Dies hatten zuvor bereits die Moslembruderschaften von Ägypten und Jordanien getan, deren Oberhäupter dem laizistischen, irakischen Präsidenten Saddam Hussein ohnehin stets mit großer Distanz, ja Ablehnung gegenüberstanden. Allgemein scheint in der arabischen Welt die Kritik an der amerikanischen Intervention zu wachsen.

Israelische Medien stellten gestern einmütig fest, daß die Palästinenser Husseins Politik heute mehr noch als vor einer Woche unterstützen. Sie bezogen sich dabei auf eine Meinungsumfrage, die von dem Ostjerusalemer Blatt 'An-Nadwa‘ durchgeführt wurde. Die Umfrage betont dabei aber auch, daß die palästinensische Unterstützung für Saddam Hussein wohl weit geringer wäre, wenn die israelische Regierung den Nahost-Friedensprozeß nicht torpediert hätte. Auch der Abbruch der Beziehungen zwischen den USA und der PLO habe, so 'An-Nadwa‘, dabei eine nicht unerhebliche Rolle gespielt.

Wie bei den meisten Arabern herrscht auch bei den Palästinensern die Meinung vor, daß die Golfkrise keine amerikanische oder europäische, sondern primär eine innerarabische Angelegenheit ist. Vor allem aber zeigen sich viele Palästinenser verwundert darüber, daß die internationale Völkergemeinschaft zwar auf Seiten des annektierten Kuwait eingreift, im Falle der von Israel besetzten arabischen Gebiete aber nur wenig unternommen hat. So Professor Erakat von der An-Nadschah Universität in Nablus: „Ich bin wirklich erstaunt über die doppelte Moral von Amerikanern und Weltöffentlichkeit. Einerseits ermutigen sie Israel bei seiner Besetzungspolitik und andererseits bereiten sie im Falle Kuwaits einen Krieg vor. Dies bedeutet aber keinesfalls, daß wir die irakische Annektion gutheißen. Denn die palästinensische Sympathie für Saddam Hussein ist vor allem das Ergebnis von Schamirs Politik, den Palästinensern fundamentale Rechte zu verweigern.“

Amos Wollin