Nie wieder Haltermann

■ Abschied für Henning, den Ausputzer: Celtic Glasgow gegen TSV Ottersberg

Als er mit einem Glas Whisky dastand und die Gratulations -Cours über sich ergehen ließ, sah er ganz unscheinbar aus. Untersetzt, krumme Beine, das Haar licht, sprach er sichtlich bewegt von Unwiderruflichem. „Nie wieder“ wolle er mit den Stollen unter den Füßen auf seine Kontrahenten losgehen, es sei das „garantiert letzte Spiel für den TSV“. Die Fußballwelt entlang der B 75 und besonders in Ottersberg selbst verliert mit dem 40-jährigen „ein sportliches Original, eine Fußball-Legende“, wie er am Rande des Dorfplatzes bejubelt wurde.

Daß der legendäre Mann in seiner Laufbahn ein ums andere Mal vom Spielfeld geschickt wurde, weil er mit seinen hitzigen Kommentaren und wüsten Beschimpfungen nicht zurückhalten konnte, gehört ebenso zu seiner Biographie wie die annähernd 800 Spiele, die er für den TSV Ottersberg absolvierte. Wie viele es ohne die Rot-Sperren hätten sein können, weiß so recht niemand. Sein Vereinspräsident hat „oft die Daumen gedrückt, damit beim nächsten Mal nichts passiert.“

Henning Haltermann spielte mit 40 Grad Fieber, mit Verletzungen und, vom Platz gestellt,

oft noch vermittels seines Wortschatzes. Doch vor seinem Abschiedsspiel fiel ihm nicht mehr ein als: „Ich habe 21 Jahre für meinen Verein die Knochen hingehalten“. Und: „Ich habe es gar nicht verdient.“ Recht bescheidene Worte für einen, der als einer der ganz wenigen in der Region den „berüchtigten drei Rotermund-Brüdern aus Bremervörde“ auf dem Spielfeld Paroli bie

ten konnte, die offenbar genauso schlecht verlieren konnten wie er selbst.

Ob die Zurückhaltung des säbelbeinigen Liberos nun am Whisky, den ungewohnten rot-weißen Trikots, der großen Kulisse oder am übermächtigen Gegner Celtic Glasgow lag, mochte er nicht verraten. Fest steht allerdings, daß die 0:6 Niederlage nicht auf sein Konto ging. Die gut 1.200 ZuschauerInnen am Sportplatz auf der Wiese waren mit dem deutsch-schottischen Fußballspektakel hochzufrieden. Immerhin, an kleinen Sensationen war der Abend im roten Licht der untergehenden Sonne nicht eben arm. The Regiment Squadron Of The First Bataillon Of The Argyll And Sutherland Highlanders intonierte militärisches Liedgut zu Ehren des Ausputzers Haltermann, sechs britische Miltärpolizisten aus Munster vermehrten die Uniformen-Vielfalt rund um das Gelände, und bei den katholischen Fußball-Gästen der derzeitigen „Kulturhauptstadt Europas“ stand mit Pat Bonner der Irische Nationaltorhüter und „Elf

meterkiller“ von Rom auf dem Platz. Daß die zahlreichen Celtic-Fans allerdings wegen Haltermann angereist waren, mochten diese gar nicht bestätigen. Sie waren entwederin Deutschland stationierte Militärangehörige oder sie begleiteten ihre Mannschaft auf deren Freunschaftsspiel -Tournee. Die Route: Glasgow, Amsterdam, Verden, Ottersberg, Dublin, Glasgow.

Henning Haltermann konnte das egal sein. Als die Wirkung seines Whiskies nach 75 Minuten nachließ und die Profis schon lange keine Lust mehr auf's Toreschießen hatten, konnte er beruhigt auf der Bank Platz nehmen. Er war nicht einmal in die Nähe eines Platzverweises geraten und durfte zum Abschluß seiner abwechslungsreichen Karriere noch zwei Highlights miterleben. Er war dabei, als ein einziges Mal, zwischen der 60. und 61. Minute, nur eine Mannschaft in Ballbesitz war, sein TSV. Und er mußte zum ersten Mal in seiner langen Fußballerzeit Autogramme geben. Die taz hat auch eins. Mins Minssen jr