Die alten „Adler“ werden flügge

■ Nach Schwächen im PR-Konzept, internen Querelen und nachlassendem Medieninteresse flattern die Berliner Adler, zweimalige Deutsche Meister im American Football, auf neuen Kursen

Charlottenburg. Der Football-Feiertag im Olympiastadion ist vorbei, der Kampf ums ovale Ei in Berlin nimmt wieder seinen alltäglichen Lauf. Vor drei Jahren, als die Berliner „Adler“ im Mommsenstadion den ersten von bisher zwei Deutschen Meistertiteln errangen, schwamm diese Sportart auf den höchsten Wellen der Begeisterung. Tausende von Zuschauern zog es zu den Auftritten des Meisters in dieser importierten US-Sportart. Dem Kampf der ausgepolsterten Recken mit ihren Gesichtsgittern zuzuschauen, galt als exotisches Vergnügen.

Doch von da an ging es bergab. „Es wurde damals in der Presse sehr viel mehr als heute über American Football geschrieben“, trauert Marlies Motzkus, Pressesprecherin des Berliner Football-Aushängevereins, diesen Hoch-Zeiten nach: „Das hat die Leute ins Stadion gelockt!“

Heute findet man nur noch im kleingedruckten Teil der Zeitungen News über die neuen Glanztaten der „Adler“, die in diesem Jahr wieder um den Meisterlorbeer kreisen. Selbst das „Weltklassefootball“ („Adler„-Präsidentin Jutta Romeike), das die Mannschaft bei der denkbar knappen 33:35 -Niederlage im diesjährigen Europapokal gegen die Profis aus Manchester bot, ließ die Journalisten weitgehend unbeeindruckt. Der Reiz des Neuen schien geschwunden, Schwächen im PR-Vereinskonzept und interne Querelen taten ein Übriges. „Über die Auseinandersetzungen in unserem Verein wurde viel geschrieben, aber nicht über den Sport an sich“, beschwert sich Frank Stahnke, Kapitän des Erfolgsteams aus Rehberge. Vielleicht liegt es aber auch an der nicht enden wollenden Siegesserie über die westdeutsche Konkurrenz. Einigen Gegnern merkt man schon beim Betreten der Spielfläche an, daß sie eigentlich nur zum Duschen nach Berlin kommen.

Durchaus möglich, meint Captain Stahnke, der sich zunehmend über das Mad-Boy-Image des American Football in der hiesigen Öffentlichkeit ärgert: „Die Leute denken, daß da 44 hirnlose Idioten über das Spielfeld rennen, die nichts anders im Sinn haben, als mit ihren Köpfen zusammenzuknallen.“ Doch außer einem körperbetonten Machismo müssen die Aktiven auch eine ganze Menge an Regelwerk inhalieren. Football ist nichts für hirnamputierte Kopfnüsse. Immerhin rekrutiert sich der „Adler„-Horst aus allen Bevölkerungsschichten - von Handwerkern bis hin zu Studenten und Akademikern: „Man muß den Zuschauern das System des Spiels erklären!“ sieht Stahnke nur diese eine Chance via Volksbildung.

Eine Reduzierung der gegenwärtig vier Bundesligastaffeln zu je 26 Teams(!) auf zwei Gruppen a 16 Clubs soll den „Adlern“ attraktivere Paarungen schon vor der Endrunde bescheren. Dann, hofft Präsidentin Romeike, stünden auch spendable Sponsoren Schlange. Um ihr Spiel zu pushen, erkunden die „Adler“ neue Jagdgründe. Nichts gegen Ehrenamtliche Vereinsarbeit“, so Frau Romeike, „aber wenn man in der Bundesliga vorne mitspielt, taugt sie nichts.“ Eine hauptamtliche Bürokraft soll dem Öffentlichkeitsdrang der „Adler“ Flügel verleihen. Ein Spieler hat überdies erste Achtungserfolge im Vermitteln von Regeln erzielt: „Meine Oma hat das Spielsystem inzwischen begriffen. Mein Opa leider nicht, aber den interessiert nur Fußball.“

Und diese urteutonische Knochenklauberei läßt sich in wenige Grunzlaute fassen. Herbergers Sepp hat daraus lediglich eine leicht durchschaubare Kunstgattung geformt.

Jürgen Schulz