„Batering“ nennt man das

■ Das Glücksrad der Werbung dreht sich weiter / Private legen weiter zu

Von Philipp Ressing

Am Anfang wurde der kommerzielle Rundfunk als etwas ganz Neues angepriesen. Nach fünf Jahren kann man allerdings feststellen, daß dies am ehesten auf die Methoden der Werbung zutrifft. Denn die Privaten sind in unvergleichbarer Weise dem genuinen Bedürfnis der Werbetreibenden entgegengekommen, ihre Produkte in das Programm zu integrieren oder am besten gleich selbst zum Inhalt der Sendung zu machen. Neuestes Produkt dieser einzigartigen Kooperation ist eine Show, die Sat1 ab Oktober unter dem Titel Slogan anbietet. Es sollen die Werbeslogans von Produkten und Unternehmen geraten werden. Wer also weiß, welche Rasierklinge “....für das Beste im Mann“ wirbt, der kann Bargeld gewinnen. 5.300D-Mark muß ein interessiertes Unternehmen für die Plazierung des Slogans berappen.

Die Warenwelt zum Programm zu machen, gelingt am ehesten RTL plus, bei dessen Sendung: Der Preis ist heiß, wo Produkte vorgestellt werden und die Kandidaten raten sollen, wie teuer das Gerät ist. Fast seriös wirkt dagegen schon die Sat1-Show Glücksrad. Dort dürfen die Gewinner aus mehreren vorgestellten Produkten ihre Preise heraussuchen und diese werden dann mit Markennamen und vermeintlichen Vorzügen präsentiert. Diese vielfältigen Werbemöglichkeiten sind ein Grund für den Anstieg der Umsätze, vor allem der beiden großen Kommerziellen Sat1 und RTL plus.

Nach neuesten Schätzungen haben die vier größten Kommerz -TVs im ersten Halbjahr 864 Millionen D-Mark brutto aus Werbung eingenommen, was über 45 Prozent aller Einnahmen im Fernsehbereich ausmacht. Damit hat sich der explosionsartige Zuwachs im Bereich der TV-Werbung fortgesetzt, im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 1989 um zwanzig Prozent auf über 1,8 Milliarden D-Mark. ARD und ZDF haben da das Nachsehen, vor allem das „Erste“ muß einen Einnahmeverlust von 135 Millionen im ersten Halbjahr hinnehmen, während die Mainzelmännchen ihre Werbeeinnahmen noch um müde fünf Prozent steigern konnten.

Über den ganzen Tag verteilte Werbemöglichkeiten sowie die Möglichkeit, Spots gezielt bestimmten Programmen zuzuordnen, machen die Kommerziellen für die Wirtschaft so interessant. Möglich ist auch, daß Werbetreibende das Programm bestimmen. So produziert Jacobs-Suchard die Rateshow: Heiter weiter bei Sat1 und stellt sie kostenlos dem Verlegersender zur Verfügung. Einzige Bedingung: Die Werbezeit im Programm steht dem Unternehmen umsonst zur Verfügung. In den USA ist diese Methode unter dem Begriff „Batering“ bekannt.

Bisher wurden die Öffentlich-Rechtlichen zuerst gebucht, da sie die größten Publikumsreichweiten haben. Das aber hat sich geändert. Dies erklärt, warum ARD und ZDF ihre Vorabendprogramme allein an den Werbeinteressen ausrichten, Informationssendungen in die dritten Programme verbannen und die Ausdehnung ihrer Werbezeit nach 20Uhr fordern. So können sie die, für Werbetreibende uninteressanten Werbeblöcke mit vielen einzelnen Spots entzerren. Da wird dann auch mal versucht, die kommerzielle Konkurrenz zu kopieren.

Das ZDF will die eingeblendete Uhr vor der „heute„-Sendung für Werbeaussagen freigeben. Zwanzig Sekunden „Heute„ -Werbeuhr sollen dann 400.000 DM kosten. Werbeinteressen bleiben aber nicht folgenlos für das Programm, und Sponsoren suchen sich genau aus, wo sie ihr Geld reinstecken. Der US -Sender ABC bekam bei einem Programm über Abtreibung den Unwillen bereits zu spüren. Die Sponsoren boykottierten das Programm, da sie Angst hatten, mit dem Thema in Verbindung gebracht zu werden.