Statt Leukose Bandwurmmaden

■ DDR-Rinder: Fleischhygieniker wiegeln ab / „Wir finden (fast) alles“

Rinderseuchen-Fehlalarm in Cloppenburg: Wie Kreisdirektor Jochen Hollinderbäumer gestern einräumte, sei die Warnung des Cloppenburger Veterinäramtes vor DDR-Rindern, die mit Leukose befallen sind, ohne einen akuten Fall ausgesprochen worden. Vielmehr habe man erstens noch einmal in Erinnerung rufen wollen, daß die staatlichen Veterinärbehörden in der DDR, die Kreisämter, „noch nicht so weit sind, daß sie die Vorschriften so genau befolgen wie hier“, zweitens habe man lediglich eine gleichlautende Empfehlung aus dem Bundesernährungsministerium weitergeleitet. In der letzten Woche hatten die Cloppenburger Fleischbeschauer vor der Einstallung und Schlachtung von Rindern aus der DDR gewarnt, die von gefährliche Viren befallen seien. Leukose ist eine Rinderinfektion, die fußballgroße Geschwülste in den Nieren und Lymphknoten befallener Rinder hervorruft.

Statt einer drohenden Leukose, die durch die genaue Untersuchung der Tiere vor und nach der Schlachtung festgestellt werden kann, haben DDR-Rinder einen deutlich höheren Befall von Finnen, Bandwurmmaden, die sich

unter anderem in den Lymphknoten des Darms tummeln. Etwa zwei bis drei Prozent der DDR-Rinder, die derzeit am Bremer Schlachthof von der freilaufenden in die eßbare Form gebracht werden, sind nach Angaben von Heinz Hübner, Leiter des tierärzlichen Fleischhygieneamtes der Hansestadt, von den Tierchen befallen. Doch auch hier droht keine Gefahr: An den Fleischhygienikern kommen die Finnen nicht ungesehen vorbei.

Die Quote von DDR-Rindern im Bremer Schlachthof schwankt von Woche zu Woche erheblich, liegt nach Angaben des Schlachthof-Geschäftsführers Burkhard Stärk bei bis zu zwanzig, manchmal dreißig Prozent der Gesamtschlachtung. Jedes Tier muß gültige Ausweispapiere besitzen.

Damit nicht genug: Bereits vor der Fleischwerdung werden die Tiere in der sog. „Lebenduntersuchung“ auf mögliche Krankheiten untersucht, verdächtige Kandidaten werden in der Isolierzelle geschlachtet und peinlich untersucht. Wird ein Rind für gut befunden, wird es natürlich trotzdem geschlachtet und auseinandergenommen: Die anschließende Fleischuntersuchung nimmt Organe, Lymphknoten und

Fleischpröbchen unter die Lupe. Spätestens hier kommen die Hygieniker den Viren, Würmern und Bakterien auf die Spur. Was nicht astrein ist, wird zum Landesveterinäramt eingeschickt, dreißig Stunden später liegen die Ergebnisse der höchsten amtlichen Fleischbeschauer vor.

„Nach menschlichem Ermessen können wir die kranken Tiere isolieren“ faßt Heinz Hübner die Möglichkeiten einer umfassenden Kontrolle über die Tier- und Fleischqualität zusammen. Probleme bereiten jedoch befallene

DDR-Tiere, die in „freien“ Ställen untergebracht werden.

Hier kann es nach Auskunft vom zuständigen Referatsleiter beim Bundesernährungsministerium, Hermann Pittler, zur Infektion gesunder Tiere kommen. „Die sind aber kräftig dabei, ihre Untersuchungen auf EG-Stand zu bringen“, wiegelt der Bonner Beamte mögliche Seuchengefahren ab. „Die haben eben die Leukose noch, dafür haben die die Aujetzkysche Krankheit (Schweinekrankheit) viel besser im Griff als wir.“ Markus Daschne