ÖL!

■ Saddam Hussein - ein aktueller Fall von Hitler-Verharmlosung

VON MATHIAS BRÖCKERS

Unser Adolf ist einfach nicht tot zu kriegen - seit dem Einmarsch Iraks in Kuwait ist er, als Saddam Hussein, wieder in aller Munde. Was im Zuge der Verurteilung des „Barbaren“ Hussein in der letzten Woche an Hitler-Verharmlosung auf die Weltöffentlichkeit niederprasselte, geht auf keine Kamelhaut - kaum ein Staatschef, der nicht zumindest indirekt die Hitler-Keule aus dem Propaganda-Schrank zerrte, um dem „Verrückten“ aus Bagdad eins überzuziehen. Was ist passiert? Seit Jahren verhandeln die OPEC-Länder am grünen Tisch erfolglos über die Verknappung des schwarzen Golds, auf eine Begrenzung der Fördermengen konnte man sich nicht einigen, hintenherum verkaufte jeder so viel wie möglich, statt in die Höhe zu klettern, fiel der Ölpreis - vor drei Jahren nahe an den magischen Tiefpunkt von 10 Dollar pro Faß.

Die brummende Konjunktur der 80er Jahre verdankte sich nicht dem wirtschaftlichen Geschick der Reagans, Thatchers und Kohls, sondern vor allem den Spottpreisen für Öl. Diesem dolce vita des billigen Bleifusses ein jähes Ende gemacht zu haben ist Saddams eigentliche Untat - was zähe Verhandlungen am OPEC-Tisch nicht erreichten, die Annektion des irakischen Hinterhofs Kuwait hat es gebracht: Der Ölpreis schoß in die Höhe. Jeder Dollar pro Barrel bedeutet eine Dollarmilliarde mehr in der Staatskasse - nicht nur für Bagdad, sondern für alle ölexportierenden Länder. Die allseits beklagte „laue Reaktion“ der arabischen Brüder ist also kein Wunder - wer einem so blitzkriegartig den Haushalt saniert, dem schlägt man nicht gleich den Schädel ein. Um so verständlicher auf der anderen Seite das Aufjaulen des Westens: der eh schon maroden Wirtschaft des Schuldenweltmeisters USA droht bei einer neuen „Ölkrise“ ein Mega-Crash, den ölsüchtigen Industrie-Junkies Japan und Deutschland ähnlicher Entzugshorror - und schon beordert Stoltenberg die Marine ins Mittelmeer, um die zum Golf aufgebrochene US-Armee zu „entlasten“. Es ist ganz so wie im kleinen Fixer-Leben, bei William Burroughs und anderen nachzulesen: wenn der Stoff knapp wird, rückt man dem Dealer auf die Pelle, notfalls mit Gewalt.

Wenn ein militärischer Riese vor seiner Höhle einen Kleingarten in Beschlag nimmt ist das in aller Regel Anlaß für harsche Protestnoten der Floristen-UNO - und damit hat's sich. Ob nun George Bush Panama bombadieren läßt und ein neues Marionettenregime installiert, China die Tibeter massakriert oder Rußland die Afghanen. Daß Iraks Hinterhof -Aktion nun weltkriegsartige Szenarien heraufbeschwört, hat nichts damit zu tun, daß das Recht der Stärke fortan und ein für allemal durch Ethik und Moral liquidiert werden soll „Zwischenfälle“ wie Grenada, Panama, Tibet gibt es und wird es weiter geben. Es ist der Stoff, aus dem die Industrie -Träume sind, der aus der Mücke Kuwait einen Krisen -Elefanten macht, während der bisherige Buhmann Nr.1, Oberst Ghadaffi, der die Präsenz am arabischen Drogendreieck bis dato „legitimierte“, in Amerika wieder auf sein Mücken-Maß zurückgeschrumpft ist - er steht auf der richtigen Seite.

Und so wird am Ende das Giftgas, über das er dank Immenhausen und der Bundesrepublik verfügt, seinem Zwecke zugeführt, während Saddam Hussein all die milliardenschweren Bomben verpulvert, die er sich in Frankreich und anderswo zusammengekauft hat. Am besten von Hitler gelernt haben unterdessen wieder mal seine schärfsten Kritiker, ein Rüstungsexperte der Universität Jerusalem, Gerald Steinberg, hat den atomaren Hit gefordert: „Wenn hunderte irakische Raketen im Anmarsch sind und Israels Überleben gefährdet ist, müßten die Militärs den Einsatz von Nuklearwaffen erwägen.“

Es blüht nicht nur den Kindern vom Bahnhof Zoo, daß sie bei der Jagd nach Stoff draufgehen... SADDAM HUSSEIN - EIN AKTUELLER FALL VON HITLER -VERHARMLOSUNG