NRW will Kasernen für Flüchtlinge

■ Keine Grundgesetzänderung - aber Asylbewerber sollen mit vielerlei Erschwernissen abgehalten werden / Unterbringung in Kasernen gefordert / Sachleistungen statt Sozialhilfe

Von Walter Jakobs

Düsseldorf (taz) - Der Vorstoß des SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine, das Grundrecht auf Asyl durch eine Grundgesetzänderung so neu zu fassen, daß Menschen aus Ländern, „in denen nach allgemeiner Überzeugung keine politische Verfolgung stattfindet“ prinzipiell keinen Asylantrag mehr stellen können, wird von der nordrhein -westfälischen Landesregierung nicht mitgetragen.

In einem Kabinettsbeschluß vom Wochenende heißt es wörtlich: „Daß politisch Verfolgte in der Bundesrepublik Asylrecht genießen, steht für die Landesregierung nicht zur Disposition. Für die Landesregierung ist die Wertentscheidung in Art. 16 Abs.2 GG Grundlage ihres Handelns“.

Im Klartext heißt der Düsseldorfer Beschluß, der mit Rücksicht auf Oskar Lafontaine bewußt nebulöse Formulierungen beinhaltet, daß die SPD-Regierung von Ministerpräsident Johannes Rau eine Grundgesetzänderung nicht mittragen wird. Damit hat sich Innenminister Herbert Schnoor gegen Arbeits- und Sozialminister Hermann Heinmann, der in der letzten Woche seine Sympathie für den Lafontaine -Vorschlag deutlich zum Ausdruck brachte, durchgesetzt. Ein Gesetzesvorbehalt, der Asylsuchende aus bestimmten Ländern pauschal ausschließe, hebelt, so Schnoor noch in einem Interview am Samstag, „das individuelle Grundrecht aus“. Diesen Weg werde er nicht mitgehen.

Im Düsseldorfer Innenministerium war der Lafontaine -Vorschlag hinter vorgehaltener Hand seit Tagen als „Schwachsinn“ und als „ganz miese Geschichte“ klassifiziert worden.

Die Ablehnung einer Grundgesetzänderung geht in dem Regierungsbeschluß der nordrhein-westfälischen Landesregierung allerdings mit der Verabschiedung einer Reihe von Maßnahmen einher, die alle dazu dienen, Asylbewerbern den Zuzug zu erschweren. Um besonders stark frequentierte Gemeinden zu „entlasten“, wird die Landesregierung zum Beispiel „als Soforthilfe eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Landesregie einrichten“. Als „bevorzugten Standort“ nennt die Regierung ein Militärgelände in Staumühle/Sennestadt, das bisher von Nato-Soldaten während des Manövers zur Unterbringung genutzt wurde.

Hier sollen Asylbewerber, die sich in einer Gemeinde melden, die ihr Aufnahmesoll erfüllt hat, vorrübergehend untergebracht werden. Dazu stellt die Düsseldorfer Regierung allein in diesem Jahr 4 Millionen D-Mark zur Verfügung. Die Asylanträge der künftigen Bewohner sollen durch eine Außenstelle des Zirndorfer Bundesamtes für die Anerkennung von Flüchtlingen direkt vor Ort entschieden werden.

In der Gemeinschaftsunterkunft gibt es zur Abschreckung der Flüchtlinge „Sammelverpflegung“ und statt Sozialhilfe bekommen die Asylbewerber ausschließlich „Sachleistungen“. Damit soll dem „Mißbrauch“ der Sozialhilfe durch Schlepperorganisationen entgegengewirkt werden.

In allen Regierungsbezirken sollen künftig, wie jetzt schon in Düsseldorf, zentrale Aufnahmestellen errichtet werden, um so das Anerkennungsverfahren wesentlich zu verkürzen. Gleichzeitig wird die zentrale Abschiebestelle in Düsseldorf massiv ausgebaut, um nicht anerkannte Asylbewerber sofort abschieben zu können.

Ferner will die nordrhein-westfälische Landesregierung überprüfen lassen, ob künftig in allen asylrechtlichen Streitigkeiten allein der Einzelrichter entscheiden kann. In der Praxis liegen die Vorschläge der nordrhein-westfälischen Landesregierung gar nicht so fern von den Vorstellungen des SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine.