piwik no script img

„Die Kurden haben Angst“

■ Ömer Erzeren sprach mit Angelika Beer, MdB, die die Grenzregionen der Türkei zum Irak bereist

taz: Wie ist die Lage am Grenzübergang Habur?

Angelika Beer: Zur Zeit ist es recht ruhig. Die Journalisten warten in einer Baracke, Angehörige des diplomatischen Corps in einem besseren Gebäude. Zum Beispiel ein Entsandter der Deutschen Botschaft in Ankara, der deutsche Staatsangehörige in Empfang nehmen soll. Vier Deutsche haben versucht, die Grenze zu passieren. Zwei DDR -Bürger konnten in die Türkei einreisen, zwei BRD-Bürger sind an der Grenze festgehalten und wahrscheinlich nach Bagdad zurückgeschickt worden.

Wie wirkt sich das Embargo am Grenzübergang für LKWs aus?

Die Schlange, die wir erwartet hatten, war nicht da. Interessant sind drei LKWs, die in den Irak fahren wollen, aber keine Erlaubnis erhalten. Sie sind mit Medikamenten beladen. Der türkische Spediteur hat die Fahrer angewiesen, die Fracht nicht mehr zu befördern. Das türkische Gesundheitsministerium prüft zur Zeit den Inhalt der Medikamente. Die Türken befürchten, daß als Medikamente deklarierte Elemente für die Produktion von C-Waffen in den Irak gelangen könnten.

Waren im Grenzgebiet Truppenbewegungen zu erkennen?

Wir sind an der Grenze entlanggefahren. Wir konnten feststellen, daß die Logistik aufgebaut wird. Es gibt neue Hubschrauberplätze, die vor einigen Wochen noch nicht dastanden. Militärstützpunkte werden durch neue Straßen zusammengeführt. Der zivile Telefonverkehr wurde eingeschränkt, um Kapazitäten für das Militär offenzuhalten.

Was denken die Kurden über die Eskalation des Konflikts? Saddam Hussein hat ja C-Waffen gegen die kurdische Zivilbevölkerung in Halabja eingesetzt.

Die Kurden in der Region haben Angst. Sie erinnern sich ganz genau an den Giftgaseinsatz in Halabja. Sie wissen: Wenn Saddam Hussein mit C-Waffen droht, kann er die Drohung auch wahr machen. Wenn es zu einem militärischen Konflikt kommt, wird zuallererst die kurdische Zivilbevölkerung betroffen sein. Die kurdische Bevölkerung ist wieder einmal Spielball in einem Machtkonflikt zwischen Staaten. Die Kurden graben Löcher und versuchen, Schutzbauten hinzustellen. Recht hilflos. Weil man nicht weiß, wie man sich überhaupt gegen C-Waffen wehrt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen