"Ideologische Augenbinden"

■ Hucky Heck: Wer Roma hier will, miß auch 10 Prozent Republikaner in Kauf nehmen

Gastredner Viertelbürgermeister

„Ideologische Augenbinden“

Hucky Heck: Wer Roma hier will, muß auch 10 Prozent Republikaner in Kauf nehmen

Er sei mit SPD-Innensenator Sakuth einer Meinung, hatte der grüne Viertelbürgermeister Hucky Heck am 6.8. in der taz bekannt: Roma, deren Asylantrag „in einem sehr rechtsstaatlichen Verfahren abgelehnt“ worden sei, gehörten abgeschoben. Seine Meinung hat Heck seither nicht geändert, dafür aber bei der Begründung „nachgebessert“. Die taz dokumentiert Hecks Apell für einen „konstruktiven Dialog, nachdem sich nun die erste Aufregung gelegt hat:„

Es ist dringend an der Zeit, die ideologische Augenbinde abzulegen. Wie schon die Ereignisse um die DDR gezeigt haben, ist die Welt manchmal nicht so, wie wir sie gerne hätten. Wenn, wie Friedhelm Horn in seinem Leserbrief formuliert „die Realität ausgeblendet wird, um den Rechten keine Argumente zu liefern“, und stattdessen allen Betroffenen ein Ausländerbonus abverlangt wird, damit das eigene Weltbild stimmig bleibt, dann hat das nur allzu leicht den gegenteiligen Effekt, weil es nämlich auch verhindert, daß die „Örtchenparolen“ (R. Kawczynski) gestellt werden und daß der Landesregierung Maßnahmen abverlangt werden können, die zur Integration beitragen (Kinderbetreuung, vertretbare Wohnverhältnisse, Nachbarschaftsbegegnungen, etc.). Dies sage ich auch und ganz besonders der SPD-Linken. Glaubt ihr denn, es sei ein Zufall, daß sich diese hohe Zahl von Sinti und Roma ausgerechnet im Saarland eingefunden hat und Oskar L. zu seinem Husarenritt auf das Asylrecht gebracht hat?

Wer seinen Teil gelernt hat aus der Geschichte, der weiß um die Entstehung von Faschismus. Es bedarf als Ventil einer als fremd und störend empfundenen Volksgruppe. Sind wir wirklich so weit entfernt von dieser „Ursuppe“? Die Zahl der Asylbewerber wächst (1989: 100.000; Januar-Juli 1990 ebenfalls 100.000). Sie wird weiterwachsen und mit ihr wächst die Ausländerfeindlichkeit.

Wenn wir das Asylrecht schützen wollen, um Menschen, die in ihrer Heimat für die Menschenrechte eingetreten sind und verfolgt werden, in der BRD Schutz zu gewähren, dann müssen wir sie ins Land lassen, damit sie ihren Einzelfall darlegen können. Da die Verfahren durchaus bis zu drei Jahren dauern können, werden wir ständig 500.000 oder mehr Menschen zu beherbergen haben.

Allein in Rumänien leben 600.000 Sinti und Roma. In Rumänien herrscht Hunger. Werden wir sie aufnehmen, wenn sie kommen? Werden wir uns rauswinden mit einer Stichtagregelung, um das Gesicht zu wahren? Oder sind wir für Einzelfallprüfung nach Asylverfahren; aber wer macht sich zum Richter, nach welchen Kriterien? Werden wir ihnen Bleiberecht zugestehen, eingedenk der Schuld unserer Väter? Ich sage, wer dann von Bleiberecht spricht, muß auch sagen: „Dafür nehme ich 10 Prozent oder mehr Republikaner in Kauf.“

Wird denn nicht deutlich, daß wir die Probleme der Welt, die wir zwar maßgeblich mitgestaltet haben, keineswegs auf dem Boden der Bundesrepublik werden lösen können? Was wir doch dringend benötigen, ist eine neue politische Moral, eine andere Außenpolitik, die die Ursachen angeht, anstatt an den Symptomen zu doktern! Eine Politik, die nicht weiterhin Staaten stützt oder gar als Verbündete hat, die Andersdenkende verfolgen oder mit dem Tode bedrohen; eine Politik, die erst gar nicht die Waffen produzieren läßt, die man verkaufen könnte; eine Politik, die einen Gutteil des Bruttosozialproduktes dazu benutzt, den jeweiligen Bedarfen angepaßte wirtschaftliche Aufbauhilfe in den ärmeren Ländern zu leisten, statt sich auf ihre Kosten zu bereichern.

Aber, um all dies zu erreichen muß man mehrheitsfähig sein

-die Regierung stellen, statt mit kurzatmigen, scheinbar humanitären Erfolgen breite Wählerschichten zu verprellen!

Verflixt noch mal, so ist das, selbst wenn es überhaupt nicht in unser Weltbild paßt!

Hucky Heck