Ein Trauerspiel der Demokratie

■ Zum Versuch, in der DDR eine kommunale Energiestruktur mit allen Mitteln zu verhindern

Daß sich die westdeutschen Stromriesen wenig um Demokratie scheren und dafür um so mehr um die Eroberung neuer Märkte, kann kaum überraschen. Es liegt in der Natur der Sache „Marktwirtschaft“. Daß manche Mitglieder der Regierung de Maiziere bei der Einübung demokratischer Grundregeln, insbesondere der Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive, noch zu lernen haben, liegt in der Natur der vergangenen vierzig Jahre. Trotzdem: Die Dreistigkeit, mit der Umweltminister Karl-Hermann Steinberg und sein Staatssekretär Uwe Pautz Arm in Arm mit den bundesdeutschen Atomkonzernen die Volkskammer-Mehrheit vor den Kopf stoßen, liegt jenseits der schlimmsten Befürchtungen.

Es ist gerade ein paar Wochen her, daß das Ostberliner Parlament dem CDU-Minister und seinem Unterling unmißverständlich bedeutete, daß der Gesetzgeber eine umstandslose Annexion der Energiewirtschaft im Osten durch RWE, PreussenElektra und Bayernwerke nicht hinnehmen will. Stattdessen sollte eine Enquetekommission - deren Zustandekommen allerdings inzwischen in den Sternen steht Optionen für die künftige Energiestruktur entwerfen und der Volkskammer zur Entscheidung vorlegen. Mit dem Kommunalvermögensgesetz machten die Abgeordneten deutlich, wohin die Energiereise gehen soll: Sie stellten die Weichen eindeutig in Richtung kommunale Energieversorgung. Die Stromherren im Westen jaulten auf. Erfolgreich, wie sich jetzt herausstellt. Die nun geplante Knebelverordnung soll am Parlament vorbei vom Ministerrat verabschiedet werden. Sie hebt nicht nur die Gesetzesbestimmung aus den Angeln, die die Volkskammer ja gerade gegen das ineffektive Verbundsystem auf der Basis fossiler Dreckschleudern und gefährlicher Atommeiler verabschiedet hat. Sie unterwirft die Städte bei der Entwicklung kommunaler Energiesysteme außerdem Bedingungen, die über das zentralistische bundesdeutsche Energiewirtschaftsgesetz noch hinausgehen. Was da vorbereitet wird, ist die Enteignung der gesetzlich verankerten Energiehoheit der Kommunen auf kaltem Wege.

In einer „normalen“ Situation wäre das Duo Steinberg und Pautz spätestens jetzt fällig. Aber ihre Tage als Minister und Staatssekretär sind gezählt, wie die ihrer Kontrolleure in der Volkskammer. Was über den Tag der deutschen Einigung hinaus bleibt, sind die Städte und Kommunen. Die haben in den vergangenen Monaten ein erstaunliches Interesse an der Errichtung einer ökologisch verträglichen, kommunalen Energiestruktur entwickelt. Wenn es noch eine Hoffnung gibt, dann ist es der Aufstand von unten. Bürgermeister aller Städte: Vereinigt Euch!

Gerd Rosenkranz