Töpfer hat Angst vor Fahrverboten

■ Im Kampf gegen Ozon und Atemnot zieht sich der Bonner Umweltminister auf technische Maßnahmen zurück / Die Berliner Alternative Liste will nicht die Menschen, sondern die Autos an die Leine legen

Berlin (taz/ap/dpa) - Umweltminister Klaus Töpfer hat die unverändert starke Ozonbelastung in der gesamten Bundesrepublik gestern mit einer Pressekonferenz bekämpft. Der Minister machte vor allem klar, was er von den immer lauter werdenden Forderungen nach Fahrverboten hält: nichts. Solche zeitlich begrenzte Verkehrsbeschränkungen seien wirkungslos, da die hohen Ozonkonzentrationen damit nicht kurzfristig abgebaut werden könnten, sagte Töpfer. Dies wäre nur dann sinnvoll, wenn das Fahrverbot schon Tage vor einer Schönwetterperiode ausgesprochen würde. In dialektischer Feinzüngigkeit verlangte Töpfer zugleich eine „drastische Luftreinhaltepolitik“ und eine „Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs“. Töpfer räumte ein, daß der größte Teil der Ozonbelastungen durch die Verkehrsemissionen verursacht wird.

Das Ozon in der Umgebungsluft entsteht in größeren Mengen aus Stickoxid und Kohlenwasserstoffen unter Einwirkung von Sonnenlicht. Die Umweltminister der Länder und des Bundes haben nach langem Feilschen am 26.Juli den rechtsfreien Raum durch einen Grenzwert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft beseitigt. Von diesem Wert an wird empfindlich reagierenden Personen nahegelegt, körperliche Anstrengungen im Freien zu unterlassen und sich ins Haus zurückzuziehen. Bei Konzentrationen ab 360 Mikrogramm, die laut Minister Töpfer „selten“ auftreten, könne bei diesem Personenkreis schon mal Atemnot auftreten.

Töpfer will die Ozonbelastungen vor allem mit technischer Nachrüstung reduzieren. In Richtung EG plädierte er für strengere Abgasvorschriften bei Personen- und Lastwagen sowie für die verbindliche Einführung von Kohlefiltern in jedem neuen Pkw, um Verdunstungsverluste auch beim Stillstand des Fahrzeuges zu vermeiden. Bei Autos mit Dreiwegekatalysator sei diese Technik bereits eingebaut.

In Brüssel plant Bonn nach Angaben Töpfers eine Initiative zur Begrenzung des Kohlenwasserstoffausstoßes. Derzeit beträgt die Emission an Kohlenwasserstoffen in der BRD jährlich 2,5 Millionen Tonnen. Davon stammen je 40 Prozent aus dem Verkehr und von Lösemitteln, die restlichen 20 Prozent aus Großanlagen der Petrochemie. Die Stickoxide kommen überwiegend aus dem Verkehr, dann folgen die Kraftwerke.

Die Grünen und Umweltverbände haben ihre Forderungen nach drastischen Maßnahmen und Fahrverboten erneuert. Hartwig Berger von der Berliner AL erklärte, es sei ein unerträglicher Zustand, wenn Kinder und alte Menschen eingesperrt würden, um den Autos freie Fahrt zu lassen. „Nicht die Menschen, die Autos sind an die Leine zu legen.“

Die SPD verlangte ein smogähnliches Ozon-Alarmsystem mit Maßnahmen gegen Industrie, Müllverbrennung und Verkehr.

-man