Für die Landtagswahlen kandidieren in Sachsen West-Importe

■ Die SPD Sachsen schickt Anke Fuchs in den Wahltrubel / Pointierter Wahlkampf angekündigt / CDU Sachsen will einheitlich und geschlossen antreten

Von Detlef Krell

Dresden (taz) - Die sächsischen Sozialdemokraten werden mit Anke Fuchs an der Spitze in den Landtagswahlkampf gehen. Mit der Nominierung der Bundesgeschäftsführerin der SPD für das Amt der Ministerpräsidentin verbindet die bei den Volkskammer- und Kommunalwahlen weit abgeschlagene Partei alle Hoffnungen auf einen Durchbruch im Sachsen.

Anke Fuchs will ihre Erfahrungen als ehemalige Bundesministerin und sozialpolitische Expertin der SPD in diese neue Aufgabe einbringen. Wie sie am Dienstag vor der Presse erklärte, sehe sie die wichtigsten politischen Aufgaben für Sachsen in einem Drei-Punkte-Plan. Dazu gehöre eine Investitionsoffensive, die privates Kapital zukunftsorientiert nach Sachsen bringe, weiter der ökologische Umbau der sächsischen Industrie und schließlich eine Qualifizierungsoffensive für die ArbeitnehmerInnen. Anke Fuchs hält sich auch ihre jahrelange gewerkschaftliche Arbeit im Vorstand der IG Metall zugute. Es gehe jetzt darum, alle Instrumente zu nutzen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Damit Sachsen auch als Kulturland wiedererstehe, wollen die Sozialdemokraten das Städtebau-Förderungsgesetz aus der BRD der siebziger Jahre wiederbeleben.

Angesichts der sozialen Spannungen und des Zustandes der Umwelt und Wirtschaft in der CDU-Hochburg Sachsen verbreitet Anke Fuchs einen verblüffenden Optimismus. Schon heute könne sie mit den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten den Sachsen eine solidarische Mehrheit im Bundesrat zusichern. Das Aufleben des Sachsenlandes werde allerdings nicht im Hauruck-Verfahren zu haben sein. Das wolle sie auch den Wählern so sagen, wenn sie in den nächsten zwei Wochen zwischen Lausitz und Leipzig unterwegs ist. Umschulung sollte besonders den Frauen helfen, in neuen Branchen Arbeitsplätze zu finden.

Die Einigung kostet Geld, und das ist sie uns auch wert, erklärte die Politikerin und forderte von der Bundesregierung steuerliche Entlastung für Investoren, die Kürzung des Verteidigungsetats und weitere Kreditfinanzierung. Anke Fuchs kündigte einen pointierten Wahlkampf für die SPD an. Gegen andere Parteien auftreten wolle sie nicht, allein gegen die PDS werde sie sich einige Polemik nicht versagen können. Nie wieder will sich ihre Partei in „häßliche PDS-SPD-Debatten drängen lassen“. Auch auf Mutmaßungen über Koalitionskompromisse ließ sich die Spitzenkandidatin nicht festlegen. Sie wolle Ministerpräsidentin werden, ansonsten gehe sie wieder nach Bonn. Ihren christdemokratischen Gegenkandidaten will sie „mit Gelassenheit entgegentreten“.

Einheitlich und geschlossen soll die sächsische CDU ihr Gewicht in den Wahlkampf werfen. Das wünschte sich der Generalsekretär der West-CDU, Volker Rühe, in Dresden. Die mögliche Doppel-Kandidatur des Bonner Staatssekretärs Dr. Walter Priesnitz und des chemnitzer CDU-Landesvorsitzenden Klaus Reichenbach für das Amt des sächsischen Ministerpräsidenten hat sich zu einem heftigen Streit um Erneuerung und Altlasten der ehemaligen Blockpartei ausgewachsen. Im Oktober 89, noch zwei Tage vor dem spektakulären Flüchtlingszug aus Prag, hatte Reichenbach in einem Interview für die CDU-Presse die Gemeinsamkeiten mit der SED betont. Heut nutzt Reichenbach jede Gelegenheit, jene Äußerungen als „die dümmste politische Tat“ seines Lebens einzugestehen.

„Wer vierzig Jahre Kommunismus hinter sich hat, weiß genau, was er da gedacht hat und was er sagen mußte“, beteuerte er der Presse. „Ich habe im neunten und zehnten Schuljahr immer verschiedene Dinge sagen müssen, um eine Eins zu erhalten, die ich nie so gedacht habe“. Schließlich habe er selbst einige Erneuerer in die Partei geholt, die ihm nun seine Vergangenheit vorwerfen.

Auch Volker Rühe bemühte sich, von der für die CDU so peinlichen Diskussion auf höhere Ideale abzulenken. „Wir sind die größte deutsche Partei in der Bundesrepublik, und wir wollen die größte Volkspartei in ganz Deutschland werden“, kündigte er an. Dafür hegen die Christdemokraten besondere Hoffnungen in Sachsen, wo sie zu den Volkskammerwahlen das beste Ergebnis erreicht hatten. Rühe setzt auf die Integration sowohl der alten Blockparteimitglieder, „die alle Vorteile hatten, aber auch leiden mußten“, als auch der Erneuerer und des Zuwachses vom Demokratischen Aufbruch. Zuversichtlich haben ihn viele Gespräche mit Landräten in Sachsen und Thüringen gestimmt, die „ins kalte Wasser geworfen wurden und nun für die Partei im Feuer stehen“. Die Entscheidung über die CDU -Spitzenkandidaten trifft am 1.September der Landesparteitag.