Nicht bloß Fressen und Saufen

■ „4.Internationaler Bremer Sommer“ soll endlich besser werden als sein Ruf

Am Freitag beginnt für zehn Tage der „Internationale Bremer Sommer“, seit vier Jahren im Volksmund besser als Fressen und Saufen, Saufen und Fressen bekannt. Von dem mittlerweile völlig trendwidrigen Bierbauchundbratwuast -Image haben die beteiligten Bremer EinzelhändlerInnen schon mit der bisher organisierenden Agentur Blunck & Partner versucht herunterzukommen. Bodenständig Kleinkunstiges und Umweltkritisches von der Bremer Uni hatten die sprituelle Veranstaltung auf dem Marktplatz spirituell veredeln sollen.

Seit diesem Jahr nimmt sich der „Bremer Großmarkt“ des immer noch image-kranken Stadtfestkindes an. Auf der Pressekonferenz im „Deutschen Haus“ beschwor der Großmarkt -Geschäftsführer Carl-Hans Röhrßen hinter der appetitanregenden Aufschrift Norwegischer Lachs „Chöre, Theatergruppen und was auch sonst noch“ zur Beteiligung auf. „Wir würden uns freuen, wenn der Bürger sich beteiligt nicht nur am Essen und Trinken, sondern wenn er sich auch kulturell beteiligen würde.“

Weil aber der Bremer Großmarkt jetzt schon ein „kulturelles Gewissen“ mit Namen Detlef Lütje hat, gibt es auch ein riskantes Musikprogramm. Folklore, ohne Oldies und Dixie. Und zwei Bühnen für Musik und Volkstheatrales (Ernst Waldau -und Theater 62) wird es geben, die größere auf dem Liebfrauenkirchhof mit Verstärkerboxen, die kleinere auf dem Marktplatz. Dort werde Musik „ohne Verstärker wie schon seit Jahrtausenden“ gespielt. Als Wurzelechtheit gepriesen, könnte das genauso gut eine Konzession an den notorisch zartohrigen Herrn im Bremer Rathaus gewesen sein, der bei all dem Gedü

del ja immerzu das Staatsschiff lenken muß.

Ein Schwerpunkt: Kinderprogramm, am 17. und 18. August ein historischer Kinderjahrmarkt am Grasmarkt zwischen Dom und Rathaus. Das sind Aktivitäten, die von den „Bremer Spielhäusern“ und dem „Verein für kulturelle Breitenarbeit“ organisiert werden. Letzterer ist eine interessante Verpuppung des ehemali

gen Projekts Kulturanimateure, ein ausgelaufenes ABM/VHS -Projekt, das Kulturbüros in 'benachteiligten‘ Stadtteilen eingerichtet hat. Aus denen wird jetzt, wie die Vertreterin der Spielhäuser sagte, die „Kinderkultur aus den Stadtteilen ins Zentrum“ getragen, und zwar von Kindern für Kinder. Ausgerufen von Herolden, treten Artisten, fahrende Sänger, kleine Barbiere in „spon

tanen Aktionen“ auf. Und Handwerker, Wunderdoktoren und Moritatensänger präsentieren ihre heißen Eisen, Tinkturen und Gesänge. Für Röhrßen eine Demonstration, was doch auch „ältere Herren noch mit Kindern zustande bringen“, ansonsten ein Behördenkultur-Einzelhandels-Joint-Venture, dessen Löwenanteil die Behörde zahlt.

Uta Stolle