Fahrverbot gegen Sommer-Smog

■ Ozon-Werte spielen verrückt / Höchste Konzentrationen jetzt in der Innenstadt gemessen / Umweltverwaltung korrigiert frühere Aussage: Fahrverbote werden nicht mehr ausgeschlossen

Berlin. Mit einem Fahrverbot für Autos hätte man die hohe Ozon-Konzentration, die Ende Juli und in den letzten Tagen über der Stadt lag, wahrscheinlich verringern können. Mit dieser Erkenntnis meldet die Senatsumweltverwaltung jetzt nicht nur Widerspruch gegenüber Bundesumweltminister Töpfer an, sondern korrigiert auch eigene frühere Aussagen. Die Ozon-Daten der letzten Tage hätten ihn „ins Grübeln“ gebracht, sagte gestern Referatsleiter Manfred Breitenkamp. Erstmals traten die höchsten Konzentrationen nämlich nicht in sogenannten „Reinluftgebieten“ am Stadtrand auf, sondern in der Innenstadt. Das deutet daraufhin, daß bei bestimmten Wetterlagen Sommer-Smog zu einem größeren Anteil hausgemacht ist als angenommen.

Bisher sei man „eindeutig“ der Auffassung gewesen, daß ein auf die Stadt beschränktes Fahrverbot nichts gegen Ozon ausrichten könnte, sagte Breitenkamp. Ozon wird so rasch vom Wind wegtransportiert, daß Fahrverbote ausgerechnet dort keine Entlastung bringen, wo sie verhängt werden. In Modellrechnungen hat die Umweltverwaltung jetzt sogar festgestellt, daß ein Fahrverbot unter bestimmten Umständen die Ozon-Konzentration noch erhöhen könnte. Grund dieses scheinbar paradoxen Befunds: Ozon entsteht aus Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen, wird aber unter dem Einfluß eben dieser Gase auch rasch wieder zersetzt. Fehlt der Nachschub an Autoabgasen, können die Ozon-Werte steigen.

Traditionell registriert der Meßcontainer ausgerechnet an der Stadtautobahn die niedrigsten Werte des dreiatomigen Sauerstoffs, im Grunewald dagegen mit die höchsten. Vor allem in den letzten Tagen änderte sich dieses Bild: Mit Werten bis zu 272 Mikrogramm wurden am Dienstag die höchsten Konzentrationen in Neukölln, Kreuzberg und im Wedding ermittelt, gestern nachmittag war Kreuzberg mit 210 Mikrogramm der Spitzenreiter. Die sehr niedrige Windgeschwindigkeit, die die Meteorologen sowohl Ende Juli als auch in den letzten Tagen registrierten, könnte die Ursache des Phänomens sein. Die Schadstoffe seien nicht mehr wegtransportiert worden, sondern hätten sich in der Stadt angesammelt und für eine „Aufladung“ gesorgt. Für West -Berlin allein hätte ein Fahrverbot nach wie vor wenig Sinn, meinte der Referatsleiter. Unter bestimmten meteorologischen Bedingungen und mit Blick auf die Gesamtstadt könnte es aber durchaus sinnvoll sein, die Autos zum Stillstand zu bringen. Thomas Schwilling, Referent in der Umweltbehörde, will „nicht ausschließen“, daß in Berlin schon im nächsten Sommer bei hohen Ozon-Konzentrationen Fahrverbote verhängt werden. Sie sollten jedoch gleichzeitig für die weitere Umgebung der Stadt gelten. „Auf alle Fälle“ unterstütze man die Forderung des Hamburger Senats nach großräumigen Fahrverboten.

hmt