Männern geht es an die Wäsche

■ Modedesigner-Zugriff auf die zweite Haut / Satinbodies gegen Opas Kartoffelsäcke

Die Welt der Herrenunterwäsche erlebt derzeit ihre Revolution: Tod dem Sechserpack bunte Sport-Slips (ohne Eingriff) für

12,50 Mark, nieder mit der weißen Feinripp (doppelt gekämmt), Folter für Opas Sackleinene vom Grabbeltisch. Die Herrschaft der Schiesser-Dynastie ist gebrochen, die Tyrannei der kochfesten Long-John mit ganzem Bein beendet. Die neue Klasse der Unterwäsche ist mindestens aus Italien oder Frankreich, gerne von einem Meister der Haute Couture entworfen, kommt in merzerisierter Baumwolle oder Seidensatin daher und zeigt sich in völlig neuen Formen.

Der Robespierre der Wäscherevolution ist der Body für ihn. Dieser frische Einteiler ist wahlweise mit senkrecht verlaufender Knopfleiste in Rumpflänge oder mit horizontaler Druckknopfleiste in Taillenhöhe zu haben (vorne zu knöpfen). Den Body für ihn gibt es in Baumwolle, Seide und sogar als Badeanzug. Hier allerdings erst als Ringertrikot mit geradem Beinabschnitt, während der Unterbody mit hohem Einschnitt gerne viel Bein zeigt.

Die Revolution hat nicht nur neue Formen eingeführt, sondern auch alte gründlich zurechtgestutzt. Der Slip des modebewußten Bremers ist jetzt in T-Form geschnitten, Hauptmerkmale sind die eckig ausgeschnittenen

Beine und ein breiter Bund. Ebenfalls voll im Unterwäschentrend liegen Strings, deren freche Dreiecke in fingerbreiten Stoffriemen zwischen den Gesäßhälften verlaufen. Auch der Tanga ist für ihn längst kein Fremdwort mehr. Die Oberlinie verläuft entlang der Taille und zeigt an den Außenseiten nur schmale Stoffstreifen, während vorne und hinten am Stoff nicht gespart wird. Zum revolutionären Fußvolk gehört der übergelaufene Sportslip, dessen dezent V -förmig verlaufende Oberlinie sich weich um die Hüfte schmiegt. Die Sansculotten sind heute Boxershorts aus Seide, anarchistisch schwarz oder revisionistisch weiß.

Wie alle Revolutionen will das Volk die Segnungen nur langsam annehmen. Kein Wunder, denn die neuen Modelle von Valentino, Habella, Nikos und Rasure kosten zwischen 30 und sechzig Mark, die Bodies liegen gar bei 120 bis 150 Mark. „Männer sind ziemlich konservativ“ erklärt Renate Pietsch, Inhaberin des Wäschegeschäftes „Korsett-Friedel“ den eher zurückhaltenden Absatz in der Bremer Männerwelt. „Wer erst einmal seine Schiesser Größe sechs gefunden hat, den bringt so leicht nichts da

von ab“.

Die neuen Kollektionen werden von den Fachgeschäften deshalb sehr behutsam eingeführt, der avantgardistische Kundenkreis muß langsam vergrößert werden. Bisher fehlen in den Regalen noch Spitzenbodies oder aufregende Zweiteiler, die allerdings schon laufstegerprobt sind und in den Römischen und Pariser Schneiderstuben bereits auf Halde liegen.

Ein spezieller Kundenkreis kristallisiert sich für die Edelwäsche bisher nicht heraus. Was alle verbindet, ist das nötige Geld. In der Kundenklasse reicht die Rubrik von besorgter Mutter, die ihrem Sohnemann mal was Ordentliches zukommen lassen will bis zum „femininen, modebewußten Mann“ (Pietsch). Und auch bei der Bremer Neueröffnung „Buffalo's mens underwear“ gibt es die schenkende Freundin und den Seidenfetischisten. Markus Daschne