Das „EuroPatriarchat“ untersucht

■ Frau kann nachlesen, wie es den Schwestern in der EG ergeht, was die EG für die Europäerin tut und läßt

Was wurde nicht schon alles untersucht an dem herannahenden europäischen Binnenmarkt: Seine mutmaßlichen Auswirkungen auf die Konzern-Fusionen, auf die Auto-Abgaswerte, auf die Reinheit der Sojaprodukte oder auf das organisierte Verbrechen. Eine Autorinnengruppe, an der die Bremer Hochschullehrerin Susanne Schunter-Kleemann beteiligt ist, hat sich seit dem Sommer 1989 eines weiteren Binnenmarkt -Themas angenommen: dem „EuroPatriarchat“. Das erste Produkt der Autorinnengruppe kam im März im rosa Einband auf den Buchmarkt. Nachdem die ersten tausend Exemplare rasch verkauft waren, wurde im Juni bereits die zweite Auflage nachgedruckt. Das 263-Seiten-Werk gibt erstens Aufschluß über die Geschichte der EG-Gleichstellungspolitik. Angefangen mit dem Gründungsjahr 1957, in dem Frankreich die Gleichheit der Geschlechter in den Gründungsverträgen verankern ließ, aus der Angst heraus, ansonsten eklatante Wettbewerbsnachteile zu erleiden gegenüber all den Ländern, die in ihren Heimatgesetzbüchern nichts vom „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ stehen hatten. Zu der Geschichte der EG -Gleichstellungspolitik gehören auch die fünf verabschiedeten und die zwei auf Eis gelegten „EG-Frauen -Richtlinien“ und der Zusammenhalt der weiblichen EG -Abgeordneten über ihre Fraktionsgrenzen hinweg. Das Euro -Frauen-Buch trägt zweitens sehr übersichtlich zusammen, wie unterschiedlich es Frauen in den verschiedenen EG-Ländern ergeht, wie etwa die Versorgung mit Krippenplätzen streut zwischen BRD (3 % der Kleinkinder) und Dänemark (44 %). Oder wie die erschreckennde Spanne zwischen Frauen-und Männerlöhnen von Land zu Land doch stark variiert. Dritter Schwerpunkt der Untersuchung: Eine Abrechnung mit den „VerfechterInnen des 'blind gewordenen Egalitätsprinzips'“, die im Namen der „Gleichberechtigung“ mit allen Frauenschutzrechten aufräumen wollen (Nachtarbeitsverbot, früheres Rentenalter). Andere Kapitel beleuchten die Denkwindungen der EG-Familienpolitiker, denen vor allem die Gebärwilligkeit der Europäerinnen am Herzen liegt oder analysieren die Auswirkungen des Binnenmarktes auf Frauen -Branchen. Insgesamt eine Zusammenschau, die sich trocken -informativ liest und frau für die europäische Zukunft präpariert.

B.D.

Susanne Schunter-Kleemann (Hrsg.): „EG-Binnenmarkt EuroPatriarchat oder Aufbruch der Frauen?“, Schriftenreihe der Wissenschaftlichen Einheit Frauenforschung an der Hochschule Bremen, Bd. 2, Bremen 1990, 16 Mark