Grüne Mitte an der Reichskanzlei

■ Bezirk Mitte will einen Teil der Bundesgartenschau an die Grenze zu Tiergarten verlagern

Mitte. Wo einst die Wildkaninchen über den Grenzstreifen hoppelten und nun die Mauerspechte die Brachen bevölkern, will der Bezirk Mitte einen Teil der Bundesgartenschau (Buga) ansiedeln, der eigentlich für Tiergarten vorgesehen ist: vom Rondell des Leipziger Platzes über die sogenannten „Ministergärten“ südlich des Brandenburger Tores, längs der östlichen Seite des Humboldthafens und entlang der Ostseite des Spandauer Schiffahrtkanals bis zum Nordhafen soll es in Zukunft grünen. Außerdem soll das Wohnumfeld eines „noch zu bestimmenden Quartiers“ zwischen Marienstraße, Kapellufer und Schiffbauerdamm begrünt werden. Dies beschloß die Bezirksverordnetenversammlung von Berlin Mitte auf Antrag der SPD und stieß auf begeisterte Zustimmung des (West-)Buga -Geschäftsführers Gottfriedsen. Man müsse natürlich „unheimlich sensibel damit umgehen“, daß sich auf den Ministergärten Hitlers Reichskanzlei befände, so Gottfriedsen, zumal die Buga zum 50. „Führergeburtstag“ fertig sei. Außerdem erwartet er Schwierigkeiten, weil man bei einer Reihe von Grundstücken, vor allem bei den Ministergärten, nicht wisse, wem sie gehörten. Auch die Finanzierung der Buga müsse gesichert sein. Gottfriedsen regte an, Bundesminister um die Patenschaft für die Buga zu bitten. Er schätzt die Kosten der Buga für den Bezirk Mitte auf rund 150 Millionen, die das Land Berlin aufbringen müßte. Aber man solle auf alle Fälle „erst einmal begrünen, sonst wird es für Bauten okkupiert“, empfahl der Nagel -geschädigte Buga-Chef.

Empört zeigt sich Gottfriedsen immer noch über den Vorschlag des Westberliner Bausenators Nagel und des Ostberliner Stadtrats für Stadtentwicklung, Thurmann, die Buga aus der Stadtmitte in die Ostberliner Trabantenstadt Hellersdorf zu verlagern. „Wenn Nagel und Thurmann sich durchsetzen, wird die Berliner Mitte zugebaut“, meint Gottfriedsen, und die grüne Frischluftschneise sei verloren.

So einfach dürfte es Thurmann jedoch nicht fallen, den Vorstoß der SPD aus Berlin-Mitte abzulehnen. Schließlich hatte er schon die Verlagerung nach Hellersdorf damit begründet, auch die von der Großstadt geschädigten OstberlinerInnen müßten ein bißchen Grün abbekommen. Weniger begeistert ist Gottfriedsen von der geplanten „beispielhaften Wohnumfeldverbesserung“ im Bezirk Mitte. In der Wohngegend nördlich des Moabiter Werder, wo eine ähnliche Planung bestehe, habe man die Erfahrung gemacht, „daß die Leute erst mal mißtrauisch sind, ob es mehr Miete kostet“. Außerdem müßten die BewohnerInnen die Grünanlagen nachher pflegen. Und schließlich, so Gottfriedsen, sei es nicht sinnvoll, Höfe zu bepflanzen, während die Häuser vergammelten.

esch