Marzahns Energiesparhaus

■ Pilotprojekt in Marzahner Wohngebäude / Bewag, Ebag und Industrie wollen Energiesparmöglichkeiten in DDR-Neubauten ermitteln / Regelungstechnik soll 20% Spareffekt bringen

Marzahn. In 66 Marzahner Neubauwohnungen beginnt Ende des Jahres die Energiezukunft. Gemeinsam mit der Ostberliner Ebag und der Technischen Fachhochschule (TFH) in West-Berlin rüstet die Westberliner Bewag ein komplettes Wohnhaus mit moderner Energietechnik aus. Das Pilotprojekt soll nicht nur den Energieverbrauch beim Heizen um 10 bis 20 Prozent verringern, sondern auch für eine zuverlässigere Versorgung mit Wärme und Warmwasser sorgen. Mindestens eine Heizperiode lang soll gemessen werden, wie sich der Energieverbrauch im Vergleich zu einem traditionell ausgestatteten Wohngebäude entwickelt. Die Ergebnisse werde man anschließend „auf weite Teile der DDR übertragen können“, versprach die Bewag gestern.

Wer heute in einer Neubauwohnung in der DDR lebt, wird zur Energieverschwendung geradezu gezwungen. In einer der an die Fernwärme angeschlossenen Marzahner Wohnungen werde 20 bis 30 Prozent mehr verbraucht als in einer vergleichbaren West -Wohnung, schätzt Dietrich Bublitz, der als Abteilungsleiter bei der Bewag für die Westberliner Fernwärmeversorgung verantwortlich ist. Weil moderne Regeltechnik fehlt, seien die Wohnungen im Osten fast „automatisch überheizt“. Bekannte Folge: Reguliert wird die Wärme über das Fenster.

Das Marzahner Demonstrationsgebäude soll nun gleich an mehreren Stellen nachgerüstet werden. Die Heizkörper, die bisher nur schlecht reguliert werden können, werden mit Thermostaten ausgestattet. Eine westliche Firma wird spezielle Ventile entwickeln, auf die die handelsüblichen westlichen Thermostatköpfe problemlos aufgesetzt werden können. Im Keller wird eine von Bewag und TFH entwickelte, neue Übergabestation installiert. Mit den „sorgfältig ausgewählten Regelgeräten“ könne man dann die Temperatur senken, die das Wasser haben muß, das aus dem Fernwärmenetz eingespeist wird. Im Osten muß das Wasser mit 110 Grad kochend heiß sein, wenn es in den Hauskreislauf gepumpt wird; im Westen genügen 67 Grad.

Eine „ganz grundlegende Verbesserung“ erhofft sich Bublitz darüber hinaus für die Warmwasserversorgung in den Marzahner Wohnungen. Weil es dort bisher „so gut wie keine“ Speicher gebe, müsse das Wasser immer bei Bedarf vom ablaufenden Heizwasser aufgeheizt werden. Dieses Verfahren ist langwierig und energieraubend. Ein großer Warmwasserspeicher, der kontinuierlich vom Heizwasser erwärmt wird, soll dem Mißstand abhelfen.

Über die genauen Kosten des Pilotprojekts konnte Bublitz keine Angaben machen. Viele Geräte würden von der Industrie kostenlos zur Verfügung gestellt. In der fälligen Energiesanierung der DDR-Bauten witterten die Firmen, so Bublitz‘ Erklärung, einen „Riesenmarkt“.

hmt