BKA impft DDR-Medien gegen die RAF

Berlin (taz) - Nachhilfeunterricht für DDR-Journalisten: Ausgestattet mit Bekennerschreiben und Phantombildern zum aktuellen Anschlag auf Staatssekretär Neusel in Bonn, touren Vertreter des Bundeskriminalamts derzeit durch die DDR. Auf Initiative des Zentralen Kriminalamtes der DDR klärt der Leiter der Abteilung Linksterrorismus, Jürgen Hessel, Medienvertreter in Erfurt, Leipzig, Berlin und Rostock über Organisation, konspiratives Verhalten und allgemeine Gefährlichkeit der „Terroristen“ auf.

Hessel ist überzeugt, daß die RAF das „unbeackerte Feld“ östlich der Elbe schon sehr bald als neues Operationsgebiet entdecken werde. Erste Kontakte linker Militanter aus dem RAF-Umfeld zu entsprechenden Gruppen in der DDR gebe es bereits. Die Szene in Hamburg oder Göttingen versuche bereits, dort regelrechte „Patenschaften“ zum Aufbau entsprechender Gruppen zu übernehmen. Es sei nur eine Frage der Zeit, schärfte der BKA-Beamte die Aufmerksamkeit der Journalisten, bis die RAF „auch hier ein Zeichen setzt“.

In seltener Offenheit bekannte Hessel die völlige Ahnungslosigkeit des BKA über den Aufenthalt einiger der in den vergangenen Monaten in der DDR festgenommenen RAF -Aussteiger. So habe Sigrid Sternebeck bis zum Schluß auf der Fahndungsliste gestanden, obwohl sie seit bald zehn Jahren in der DDR gelebt habe. Bis acht Tage vor ihrer Festnahme habe man noch mögliche Kontaktpersonen von Sternebeck oberserviert. Zum Vorwurf ihrer Beteiligung am RAF-Anschlag auf die US-Airbase in Frankfurt im Jahr 1985 meinte Hessel: „Sie wird wegen dieser Dinge sicherlich nicht mehr belangt werden können“. Ohne diesen Vorwurf müßte Sternebeck freigelassen werden.

gero