WOSAN - „unpolitisch wohnen“ nach deutschen Idealen?

■ Neonazis tricksen kommunale Wohnungsverwaltung aus / Parteizentrale wurde als Initiative zur Wohnungssanierung getarnt / Neonazis beantragten Allgemeinnützlichkeitsstatus um sich rechtlich abzusichern

Im Frühjahr begaben sich ein paar junge Männer zur Kommunalen Wohnungsverwaltung Berlin-Lichtenberg und wollten einen Vertrag zwecks Instandbesetzung eines Hauses abschließen. Sie nannten sich „Initiative zur Wohnungssanierung - WOSAN“, und konnten auch schon ziemlich konkrete Vorstellungen über die Einzelheiten des Ausbaus vortragen. Also schloß die Verwaltung den Vertrag mit ihnen ab - weitere Gedanken machte man sich darüber nicht.

In Ost-Berlin ist seit geraumer Zeit eine erhebliche Zunahme offener rechtsradikaler Aktivitäten zu verzeichnen. Überfälle auf besetzte Häuser nehmen zu, Ausländer werden regelrecht gejagt - ein Höhepunkt war erreicht, als mehrere hundert Faschos am 20. April auf dem Alexanderplatz den „Führergeburtstag“ feierten.

Eine Woche später, am 27. April, wurde die Polizei das erste Mal aktiv. Die vermutete Zentrale der Neonazis in der Lichtenberger Weidlingstraße 122 - das Haus der WOSAN-Leute

-mußte im Sturmangriff genommen werden da dieBewohner sich verbarrikadiert hatten und sich weigerten, daß Gebäude zu verlassen. Nachdem einzelne Türen aufgesprengt wurden, fand man faschistisches Propagandamaterial, Sprengstoff und Waffen.

Außerdem stellte man fest, daß sich in eben jenem Haus die Parteizentrale der „Nationalen Alternative“ (NA) befand einer Vereinigung mit ausgeprägt faschistischen „Idealen“. Als die Polizei die Bewohner jedoch zum endgültigen Verlassen ihres Stützpunktes zwingen wollte, winkten sie mit dem Mietvertrag WOSAN/KWV. Dieser Vertrag, der nach wie vor rechtsgültig ist, hat es bisher verhindert, den Rechtsextremisten ihre Koordinationszentrale zu entziehen.

Kürzlich ging die „Initiative für Wohnungssanierung“ mit einem neuen Coup an die Öffentlichkeit: Sie gab die „endgültige Trennung“ von der NA bekannt. WOSAN sei nur noch ein unpolitischer Verein, der das „Zusammenwohnen nach deutschen Idealen“ zum Inhalt habe. Falls es tatsächlich WOSAN-Mitglieder gebe, die der NA angehören, hätte die Parteimitgliedschaft zu ruhen. Mit diesem Trick sollte versucht werden, einer möglichen Kündigung des Mietvertrages wegen „Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ zuvorzukommen. WOSAN ging sogar noch einen Schritt weiter und kündigte den Erwerb des „Allgemeinnützigkeitsstatus“ an. Damit wäre rein formaljuristisch die Neonazizentrale gegen alle Eventualitäten abgesichert. Doch ausgerechnet der von der NA neueingesetzte Chef von WOSAN, der der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz als Saubermann präsentiert wurde, hatte das Pech von der taz auf einem Foto als ein Teilnehmer einer neonazistischen Veranstaltung auf dem Gelände des ehemaligen KZ Sachsenhausen identifiziert zu werden. Nun ist WOSAN auf der Suche nach einem neuen „Geschäftsführer“

O. Anders