Champs mit Speckflagge

■ „Wärmer Bremen“ nahm Rot-weiß mit und brachte Bronze zurück

Eine Speckflagge ist nur dann eine Speckflagge, wenn sie mindestens achtmal rot-weiß gestreift ist und am Rand eine rot-weiße Würfelreihe erscheint. Das wissen im Prinzip alle SenatorInnen, die zugereiste Hessin Vera Rüdiger eingeschlossen. Deshalb zögerte sie auch keinen Augenblick, als sie im Mai gebeten wurde, dem neuen Stern an Bremens Sporthimmel ein Exemplar Speckflagge mit auf die Reise zur Weltmeisterschaft nach Vancouver zu geben. Als die schwulen Squash-Spieler von „Wärmer Bremen“ das rot-weiße Tuch im Juli allerdings abholen wollten, da stellte sich heraus: Bremens Flagge ist beim Senator für Gesundheit nicht vorhanden. Wie peinlich!

Doch es kam noch peinlicher. Auch der Senator für Sport hatte keine Speckflagge auf Lager. „Das fällt nicht unter die Orden- und Ehrenzeichen-Verordnung“ konnte Volker Krönings persönlicher Referent Jürgen Hartwig zwar wie aus der Pistole geschossen versichern. Auch sei die Nachahmung oder das Inverkehrbringen von Nachahmungen der Speckflagge nicht strafbar, wußte Hartwig; schließlich ist er ja auch persönlicher Referent des Justizsenators Kröning. Allein die so gerne sportlich ausgetauschten Bremer Wimpel seien leider gerade ausgegangen.

Doch Bremen ließ Wärmer Bremen nicht im Stich. Im Rathauskeller fand sich eine originalverschweißte Speckflagge im Riesenformat, eines der Tücher, die bei Staatsbesuch schlapp über dem Marktplatz hängen. Die schwulen Weltmeisterschaftsfahrer nahmen das Risiko, mit Übergewicht vor der strengen Flugplatz-Waage zu stehen, in Kauf und griffen zu.

In Vancouver hätten die Bremer dann mit ihrer Staatsbesuch -Speckflagge zwar locker die Goldmedaille im Wettbewerb der größten Fahnen gewonnen, allein die kanadischen Organisatoren der Gay-Games hatten für Bremens rot-weißen Flaggenstolz kein Auge und steckten die wackeren Bremer einfach in einen ganzen Pulk junger Männer, die ganz olympisch hinter deutschem Schwarz-Rot-Gold ins Stadion laufen sollten. „Fast hätten wir die Eröffnung verpaßt, so wüst haben wir diskutiert“, erinnert sich einer der Wärmer -Bremen-Squasher, „doch dann gabs einen typisch deutschen Kompromiß: Wer nicht hinter der schwarz-rot-goldenen Fahne laufen wollte, der lief einfach davor. Und so kamen alle ins Stadion“.

Trotzdem: Die paar Kilo Rot-weiß haben Wärmer Bremen Glück gebracht. Sie holten Bronze an die Weser. Und wer es ihnen jetzt nachtun will und im Rathaus nicht soviel Glück hat, der kann sich seine Speckflagge in Seckenhausen bei Bremen auch ausleihen: für 35 Mark die Woche, auf Wunsch sogar mit Fahnenmast.

Rosi Roland