Blue Box zeigt heute im Cafe Grün neue russische Videos

■ UdSSR-Video-Keimlinge

Videoart ist in Russland noch ein ganz zartes Pflänzchen. Und man merkt es den gezeigten Videos (die alle in diesem Jahr produziert wurden) an. In den Videos der Gruppe VTTV um den Regisseur Boris Juchananow, die den größten Teil des Programms ausmachen, sieht man u.a. skurrile Ballettvorführungen in einem Treibhaus, eine Modenschauparodie mit dem Titel „Träume von Paris“ oder Blütenblätter, die durch einen Fleischwolf gedreht werden. Vieles bleibt unverständlich, aber die Hektik hat viel von der nervösen, aggressiven Energie der Produzenten.

Zwischen konventionell gefilmten Szenen aus einem Konzert mit Stockhausen sieht man plötzlich eine Laborratte, die an den Saiten einer Harfe herunterrutscht. Oder hartgeschnittene Bilder von rosigen, lächelnden US-Teenagern gegen armselige Schürzen auf einem Moskauer Schwarzmarkt, von einer verhärmten Frau angeboten.

In „Ende“ von Tato Kotetischvili folgen aus Szenen von den Erschießungen in Tiflis kleine Sketche zum Thema Völkerverständigung, die zum Teil in deutscher Sprache vor einem Lenindenkmal gespielt und ganz simpel abgefilmt wurden. Erst am Schluß sieht man, das Denkmal steht nicht in Rußland, sondern in Österreich. „Total Montage“ von Youris Lesnik verzichtet am konsequentesten auf alles Narrative. 20 Minuten lang zeigt er im Stakkatorhythmus montierte Bilder von der Dokumenta in Kassel: Straßenszenen, Empfänge, Kunstwerke, Hotelräume, Besucher, zackzackzack. So haben also Kassel und der Westen auf ihn gewirkt. Das Flackern des Bildschirms, der unsaubere Schnitt, die unvermittelt gestoppten Bilder und Störungen unterstützen nur diese Wirkung, so daß hier künstlerische Intention und mangelhafte Technik miteinander verschmelzen.

Wilfried Hippen

Cafe Grün heute 21.00 Uhr