Anlageberater verunsichern DDR-BürgerInnen

■ Verbraucherzentrale warnt vor schnellem Vertragsabschluß / Statt hoher Gewinne ist oft das eingezahlte Geld futsch

VERBRAUCHERTIP

Berlin. Unseriöse Kapitalanlagefirmen treiben zur Zeit ihr Unwesen in Ost-Berlin und der DDR. Die Westberliner Verbraucherzentrale erhielt zahlreiche Anfragen von BürgerInnen, denen die astronomischen Gewinnspannen unglaubwürdig erschienen. Nach gründlichen Recherchen stellte die Zentrale gestern eine Liste mit den „schwarzen Schafen“ der Branche vor.

Ab Oktober 1990 werden die Girokonten in der DDR nicht mehr verzinst. Viele SparerInnen müssen sich überlegen, wie sie in Zukunft ihr Geld gewinnbringend anlegen wollen. Diese Stimmung versuchen die Beratungsfirmen auszunutzen. Zehn Prozent Zinsen im Monat klingen eben verlockender als die maximal drei Prozent, die von den Banken für Sparbücher geboten werden. Hinzu kommt der hohe Konsumwunsch der DDR -BürgerInnen, der einhergeht mit der Unkenntnis marktwirtschaftlicher Vorgänge. Konkrete Fälle von Leuten, die um ihr Geld betrogen wurden, sind aber bisher nicht bekannt.

Die Vorgehensweise der Firmen ist meist ähnlich. Per Wurfsendung oder Anzeige weisen sie auf ihre Angebote hin. Ein Berater erläutert dann auf Wunsch die konkreten Anlageformen und rechnet die Gewinne vor. Auf Jahre im voraus Renditen zu errechnen ist jedoch unrealistisch, sie werden jeweils aktuell bestimmt. Die Angebotspalette ist vielfältig: Spar- und Anlageprogramme, Immobilienfonds, Devisen- und Aktiengeschäfte. Eine Firma bietet „Euro -Darlehen fast zum Nulltarif“, mit denen dann spekuliert werden kann - das heißt: die Firma spekuliert. Ob sie es aber wirklich tut, erfahren die AnlegerInnen nicht. Diese Firma arbeitet ohne jede Kontrolle durch einen Treuhänder. Im Zweifelsfall zahlen die Geprellten den Kredit zurück sonst passiert nichts.

Die Organisation der Firmen macht es den Behörden fast unmöglich, ihrer habhaft zu werden. Oft sind es lediglich Briefkastenfirmen, die in brenzligen Situationen den Wohnort oder auch nur den Namen wechseln. Besonders undurchsichtig ist die Verknüpfung verschiedener Firmen. „Dreh- und Angelplatz“ für ein solches Konglomerat, so Volker Pietsch, Finanzexperte der Verbraucherzentrale, ist die Sparkasse der Stadt Bregenz in Österreich. Durch das Symbol der Kasse soll den AnlegerInnen Seriosität suggeriert werden. Aber auch die Sparkasse Bregenz agiere „in der grauen Zone des bundesdeutschen Kapitalmarktes“.

Außer der Geldanlage bieten einige Firmen Nebenverdienstmöglichkeiten an. Sie akquirieren MitarbeiterInnen, die dann in ihrem Bekanntenkreis für die Firma werben. Dieses sogenannte „Schneeballprinzip“ macht es den Behörden besonders schwer, die Wege der Firmen zu verfolgen.

Christel Blanke