Gefühle wie vor dem Sechstagekrieg

■ Seit der Golfkrise wächst in Israel die Angst vor Krieg

In Israel überschlagen sich gegenwärtig die Meldungen: Ab sofort werden Gasmasken verteilt, lautet die eine, die Gasmasken bleiben in den Magazinen die andere, und eine dritte weiß von einer leihweisen Gasmaskenverteilung im Rahmen ziviler Verteidigungsmaßnahmen. Angesichts solch gegenläufiger Informationslage zeigt sich die israelische Bevölkerung zunehmend irritiert. Der Ex-Chefpsychologe der israelischen Armee, Dr. Ruben Gall, ist der Ansicht, daß aufgrund dieser von der Regierung zu verantwortenden Verunsicherung die Ängste in der Bevölkerung zunehmen.

Gall meint daher, es sei besser, nun sofort Gasmasken an die gesamte Bevölkerung zu verteilen. Denn damit würde subjektiv das Gefühl größerer Sicherheit entstehen. Eine repräsentative Meinungsumfrage, durchgeführt im Auftrag der Tageszeitung 'Yehodiot Achronot‘, zeigt, daß die israelische Bevölkerung gespalten ist: Rund die Hälfte der Israelis wünscht sich unverzüglich die vielleicht lebensrettenden Gasmasken, die andere Hälfte will weiter abwarten. Diese Spaltung, so der Psychologe, ist Ausdruck einer tiefgreifenden Verunsicherung.

Viele Israelis fühlen sich gegenwärtig an die Situation vor dem Sechstagekrieg vom Juni 1967 erinnert. Nicht zu Unrecht. Denn bei allen Unterschieden zwischen damals und heute gibt es auch Ähnlichkeiten, wie zum Beispiel die Umtriebe radikaler Rechts-Aktivisten, die sofortige Militäraktionen fordern. Besonders beunruhigt fühlen sich die israelischen Araber und die Palästinenser der besetzten Gebiete der Westbank und des Gaza-Streifens. Gibt es doch für sie so gut wie keine zivilen Verteidigungsmaßnahmen.

Amos Wollin