„Serving mankind“ - mit BRD-Giftgas?

Darmstadt (taz) - Wegen des Verdachts der illegalen Lieferung von Labors und Chemieanlagen für Giftgasproduktion in den Irak ließ die Staatsanwaltschaft Darmstadt am Freitag bundesweit sieben Personen festnehmen. Die Ermittlungen gegen diverse deutsche Firmen erhalten durch die Golfkrise nun offenbar einen neuen Schub.

Im Visier: die Karl Kolb GmbH aus Dreieich bei Frankfurt (Werbeslogan: „Serving mankind by serving science“) und deren Tochterunternehmen Pilot Plant GmbH, die seit 1981 Laborausrüstungen für das „Forschungszentrum“ Samarra geliefert haben. Im August 1984 verbot das Hauptzollamt Darmstadt die Ausfuhr weiterer Geräte nach Samarra. Im November 1987 standen die Fahnder zwecks Razzia auf der Matte, nachdem weitere Lieferungen der Kolb-Gang bekannt geworden waren, etwa an das Militärforschungszentrum „Saad 16“ in Mosul. In einem offiziellen Saad-16-Vertragsdiagramm wird als „main contractor - technology“ die Bielefelder Fa. Gildemeister Projecta GmbH genannt. In Mosul werden die eigentlichen Chemiewaffen hergestellt, in denen das Kampfgas zum Einsatz kommt. Ebenfalls seit Jahren ermittelt wird gegen die Hamburger Firma Water Engineering Trading GmbH (WET). Sie soll 1986 via Türkei eine komplette Chemieanlage nach Falludja geschmuggelt haben. Dort wollen Iraks Giftgasmischer aus Nebenprodukten der landeseigenen Petrochemie in großem Maßstab die Basissubstanzen zur Herstellung der Kampfgase Tabun und Sarin gewinnen. Gründerinnen der WET waren laut Handelsregister - purer Zufall - die Ehefrauen zweier damals im Irak-Geschäft tätiger Preussag-Manager. Die spannten gleich noch den offiziellen Preussag-Vertreter in Bagdad ein, den irakisch -deutschen Doppelbürger Al Kadhi - der nach 'Spiegel' -Enthüllungen in Personalunion auch BND-Mitarbeiter gewesen sein soll.

Bisher behaupteten alle Beschuldigten beharrlich, in diesen Anlagen würden nur Schädlingsbekämpfungsmittel produziert. Jetzt scheint sich die Beweislage zugunsten der Darmstädter Staatsanwälte zu wenden: Ein Gutachter aus Zürich soll den Nachweis führen, daß die geschmuggelten Geräte zur Giftgasproduktion nicht nur geeignet, sondern „besonders konstruiert“ waren.

thosch