Queue im Hals

■ Neu im Kino: „Hard to Kill“ / taz-Kritiker würgt: Nie wieder Blutbad!

Ich kann es nicht mehr sehen. Mein Magen macht das nicht mit. Ich drehe ab, fühle mich flau und denke immer: „Was soll das alles, wem nützt so etwas?“ Ich weiß nicht, wieviel Leinwandtote ich schon erlebt habe. Es müssen Tausende sein. Vorsichtig geschätzt.

Jedesmal, wenn wieder so ein ultrabrutales Gemetzel beginnt, Menschen im Kugelhagel mit entsetzten Augen zusammenbrechen und ganz viel rotes Geschwabbel aus ihrem Bauch quillt, stehe ich vor der Entscheidung. Manchmal blicke ich zu Boden - oft genug

nicht. Schließlich bin ich ja Kinokritiker. Aber dann ist es wieder da, dieses kottrige Gefühl im Magen.

Die Welt ist nun mal kein freudvoller Jahrmarkt. Liebe, Macht, Haß und Tod sind die Lieblingsthemen des Kinos. Wenn wir akzeptieren, daß es mit der Welt, wie sie ist, zu tun hat, muß die Grausamkeit darin ihren Niederschlag finden. Völlig d'accord soweit.

Nun war ich wieder im Kino. Eher für die LeserInnen als meinetwegen. Ich wußte, der Film heißt Hard to kill. Ich war auf das

Schlimmste gefaßt. Bruce Malmuth hat den Film gedreht, ein Ex-Werbefilmer, wie ich annehme. Jedenfalls ist sein Fotografier-Stil sehr plakativ und voll von Anspielungen. Die Story ist so einfach, da braucht es wenige Worte. Ein Bulle wird halb umgebracht, weil er üble Machenschaften aufdecken wollte. Nach sieben Jahren im Koma wacht er wieder auf und rächt sich fürchterlich. Schon mal gehört? Klar, ein Mann sieht schwarz.

Der Film ist ein einziges Blutbad. Nach ein paar Minuten macht der Held vier Puertoricaner platt, denen er en passant die Finger bricht. Na ja, denke ich, der ist eben urcool. Aber dann geht's erst richtig los. Eine Mörderbande schleicht sich ein und ballert auf alle, die sich bewegen. Blut, ganz viel Blut. Dann der Rachefeldzug. Ja, ja, Sie wissen schon. Aufgerissene Leiber, Billard-Queues durch die Gurgel; Verbrecherhälse, - arme, -beine werden von Heldenhand gebrochen, die Unterwelt knallt zurück, neunzig lange Minuten.

Diesmal habe ich die Toten nicht mitgezählt. Ich habe dagesessen und die Faxen dicke gehabt. Weder dienstlich noch irgendwie behandle ich dieses unreflektierte und blutgeile Killer-Genre noch einmal. Das ist endgültig. Jürgen Francke

tägl.im UT um 14.45, 17.15, 20.00, Do. 22.30 / Autokino DEL tägl. 21.15 Uhr