Serben in Kroatien auf Konfrontationskurs

■ Die Ansprüche der serbischen Minderheit werden von Milosevic zur Destabilisierung der kroatischen Regierung genutzt

Im überwiegend von Serben bewohnten Hinterland Norddalmatiens bestimmen aus gefällten Bäumen errichtete Barrikaden und Streifen selbsternannter Ordnungskräfte die Szene. Dort wurde am Sonntag, wenn man den Erklärungen der serbischen Minderheitenorganisation SDS folgt, die von der kroatischen Regierung für illegal erklärte Abstimmung über die Autonomie des Territoriums durchgeführt. Abstimmungsberechtigt waren nur die Serben.

Jugoslawiens Staatspräsident Jovic, ein serbischer Politiker, der schon seit seinem Amtsantritt im Mai die Wahlen in Kroatien für illegitim erklärt hatte, hat erneut mit dem Einsatz von Bundestruppen gedroht. Die serbische Führung unter Milosevic will seit dem Amtsantritt der demokratisch legitimierten kroatischen Regierung nach dem aus der Provinz Kosovo bekannten Szenario die serbische Minderheit (in Kroatien zwischen 11 bis 13 Prozent der Bevölkerung) gegen die Regierung der Republik mobilisieren und sie zum Rücktritt zwingen.

Daß der überwältigende Sieg einer Partei mit eindeutiger kroatisch-nationaler Orientierung die serbische Minderheit beunruhigte, ist verständlich. Aber die Vertreter der Serben haben von Anfang an darauf verzichtet, in den demokratischen Institutionen mitzuarbeiten. Statt auf Dialog und Kompromiß setzt man auf martialische Massenkundgebungen. Bislang wurden diese Kundgebungen weder von der kroatischen Bevölkerung noch von den Ordnungskräften behindert. Obwohl es in der Partei von Tudjman (HDZ) - der seit Amtsantritt ausgesprochen gemäßigt handelt - ultranationalistische Leute gibt, die eine Entrechtung der Serben in Kroatien befürworten und dafür die Provokationen der serbischen Nationalisten instrumentalisieren, scheint die Mehrheit der kroatischen Bevölkerung der Strategie der Kosovo-Albaner zu folgen, nämlich sich - wenn auch zähneknirschend - nicht provozieren zu lassen.

Die Unnachgiebigkeit des serbischen Minderheitenführers Raskovic wird aus dem Protokoll eines (geheimen) Gesprächs zwischen ihm und Tudjman deutlich, das vor zwei Wochen veröffentlicht wurde und Raskovic schwer kompromitiert hat. Man konnte dort lesen, daß Raskovic keine Forderungen an die kroatische Regierung hatte, die diese nicht bereit gewesen wäre, zu erfüllen. Alle Minderheitenrechte einschließlich der kulturellen Autonomie, die für die Serben in Kroatien von zentraler Bedeutung ist, werden dort von der kroatischen Regierung zugestanden. Allerdings - eine territoriale Autonomie der Serben in Kroatien (von denen nur ein kleiner Teil in geschlossenen Gebieten lebt) mit Souveränitätsanspruch will man nicht dulden.

Raskovics Aufruf zum Referendum über eine nicht weiter (kulturell, politisch oder territorial) qualifizierte Autonomie ist im Grunde unsinnig. Bereits jetzt sind die Kommunen, die sich zu einer Gemeinschaft der serbischen Gemeinden in Kroatien zusammengeschlossen haben, ökonomisch isoliert, leiden die wenigen erfolgreichen Betriebe der Region unter schweren Verlusten, weil sie ihre Märkte in Kroatien verlieren. Deshalb ist Tudjmans Deutung, daß es sich bei dem geplanten Referendum um eine lang geplante Verschwörung von Belgrad aus handelt, nicht von der Hand zu weisen.

Die Belgrader Taktik ist durchsichtig: Man will einen Konflikt provozieren, um dann (eventuell mit Bundesorganen) eingreifen zu können. Allerdings stehen heute die Serben in Jugoslawien isoliert da, und es ist unwahrscheinlich, daß das Militär und die Führungen der anderen Republiken sie bei einem Vorgehen gegen Kroatien und der Souveränität der kroatischen Republik unterstützen würden.

Dunja Melcic/C.S.